Klimawandel:Umwälzungen in den Alpen

Die Gletscher schmelzen, der Schnee bleibt aus und Extremwetterereignisse nehmen zu: Der Klimawandel wird auch in den Alpen zu deutlichen Veränderungen führen.

Christian Sebald

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Schneeferner, ddp

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Die Gletscher schmelzen

So viel ist gewiss: In den Bergen wird es künftig sehr viel mehr regnen als in der Vergangenheit. Denn durch die Klimaerwärmung, die mit einem Temperaturanstieg von 1,5 Grad in den vergangenen hundert Jahren in den Alpen doppelt so schnell verlaufen ist wie im Flachland, steigt die Schneefallgrenze.

Deshalb sind viele Niederschläge, die bisher als Schnee vom Himmel fielen, in Zukunft Regen. Und der, da sind sich die Klimaforscher ebenfalls einig, wird immer heftiger.

Noch etwas ist gewiss: Auch in den Alpen werden die Sommer sehr viel trockener, die Winter dagegen viel nasser. Dies ist nur insofern eine gute Nachricht, weil dadurch die Gefahr nicht so groß ist, dass massive Dürreperioden der Bergwelt zusetzen.

Das bedeutet aber auch, dass die Tage der bayerischen Gletscher, des Schneeferners auf der Zugspitze und des Blaueisgletschers am Hochkalter nahe Berchtesgaden, gezählt sind. Auch wenn die Mitarbeiter der Zugspitzbahn die kümmerlichen Reste des Schneeferners jeden Sommer mit Plastikplanen schützen, wird er in 20 Jahren verschwunden sein. Beim Blaueisgletscher kann das schon früher passieren.

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Bedrohte Skiorte, Getty

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Warten auf den Winter

Auch wenn es die meisten Skifahrer, Snowboarder und anderen Wintersportler nicht wahrhaben wollen, die Winter sind in den vergangenen 40 Jahren schon deutlich kürzer geworden. So war es noch in den achtziger Jahren nicht ungewöhnlich, dass man im Oktober in den Allgäuer Bergen Ski fahren konnte.

Daran erinnert sich zumindest Peter Stehle, der Bürgermeister von Obermeiselstein. Inzwischen sind hier wie in Oberbayern die meisten Liftbetreiber froh, wenn sie die Skisaison pünktlich zum Beginn der Weihnachtsferien starten können.

Sollte sich das Alpenklima bis Ende des Jahrhunderts um vier Grad Celsius erwärmen, wie das viele Forscher prognostizieren, bedeutet dies das Aus für die Skigebiete in Bayern - steigt doch die Schneefallgrenze mit jedem Grad Celsius um 150 Meter nach oben.

Selbst auf der 2962 Meter hohen Zugspitze liegt dann nur noch ein Drittel des Schnees von heute, die Skisaison dort ist 50 bis 60 Tage kürzer als bisher. Unten in Garmisch-Partenkirchen, so die Experten des Bundesumweltministeriums, wird es keine vier Winterwochen mehr geben, in denen mehr als drei Zentimeter Schnee liegen.

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Hochwasser, ap

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Kampf gegen die Extreme

Tief Norbert meinte es nicht gut mit dem Voralpenland. Nach mehrtägigem Dauerregen waren Flüsse und Bäche so angeschwollen, dass binnen Stunden Dämme und Deiche brachen. Am schlimmsten traf es das Werdenfelser Land. Das kleine Eschenlohe versank im Loisach-Hochwasser.

Der Klimawandel war nicht die Ursache des August-Hochwassers 2005. Aber das August-Hochwasser 2005 hat einen Vorgeschmack darauf gegeben, was mit dem Klimawandel auf Bayern zukommt. Denn durch die Klimaerwärmung werden Extremereignisse, wie die Forscher kleine und große Naturkatastrophen etwas verharmlosend nennen, auch in Bayern und vor allem in den Alpen, häufiger auftreten.

Extremereignisse sind nicht nur sintflutartige Regenfälle und Stürme, die schnell zu Überschwemmungen, Muren, Steinschlägen, Erdrutschen und Lawinen auch an Orten führen, die bisher als sicher galten. Sondern auch Dürreperioden. So wie im Winter 2007. Der war so trocken, dass der Sylvensteinspeicher beinahe leer gelaufen ist und man über den zerklüfteten Seegrund von Ufer zu Ufer gehen konnte.

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Bedrohte Wälder, dpa

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Mit dem Wald stirbt der Enzian

Die Fichtenwälder leiden am meisten - egal ob in den flacheren Regionen oder den Bergen. Die immer häufigeren Trockenperioden haben sie so geschwächt, dass sie bis in hohe Lagen hinauf massenweise dem Borkenkäfer zum Opfer fallen.

Aber auch Stürme wie zuletzt 2007 Kyrill setzen ihnen zu und werden das immer heftiger tun. Das Leiden der Bergwälder zeigt eindringlich, wie sehr der Klimawandel die Lebensräume für Pflanzen und Tiere verändert. Ein jedes Grad Celsius mehr bedeutet, das sich die Vegetationszonen in den Alpen um jeweils 200 Meter nach oben verschieben. Der Alpenschutzkommission Cipra zufolge ist deshalb bis zur Jahrhundertwende ungefähr die Hälfte der 4500 Arten zählenden "Flora alpina" vom Aussterben bedroht.

Enzian, Edelweiß und Gletscherhahnenfuß werden dann nicht mehr zu finden sein. Das Gleiche gilt für die Tierwelt. "Alpensteinhuhn, Schneehuhn, aber auch der Fuchs und der Auerhahn zählen dann zu den bedrohten Tierarten", sagt der Schweizer Forscher Andreas Fischlin. Auch die Almwirtschaft dürfte so erschwert werden, dass viele Bauern sie aufgeben müssen.

Foto: dpa Text: SZ vom 11.12.2009

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