Süddeutsche Zeitung

Klimawandel:Neue Rekordmengen an Treibhausgasen

  • 2017 werden laut einer Studie insgesamt 41 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO₂) freigesetzt.
  • Das enstpricht einem Anstieg von etwa zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem China trage zum Anstieg der Emissionen bei, schreiben die Forscher.
  • Das Ergebnis ist enttäuschend für die Bestrebungen, die Erderwärmung zu begrenzen. Manche Fachleute hatten gehofft, dass der Gipfel der globalen CO₂-Emissionen bereits erreicht sei.

Nach drei Jahren Stillstand auf hohem Niveau wird der weltweite Ausstoß von Kohlendioxid im Jahr 2017 wahrscheinlich erneut ansteigen. Zu diesem Befund kommt ein international besetztes Forscherteam in der Studie "Globales Kohlenstoff-Budget". Demnach werden bis Jahresende insgesamt 41 Gigatonnen Kohlendioxid, also 41 Milliarden Tonnen, in die Atmosphäre gelangt sein. Das entspricht einem Anstieg von etwa zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Etwa 37 Gigatonnen entfallen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe. Die Forscher präsentieren ihre Daten unter anderem in den Fachjournalen Nature Climate Change und Environmental Research Letters.

Vor allem China trage zum Anstieg der Emissionen bei, heißt es darin. Wegen der stärkeren Nutzung von Kohle als Brennstoff würden die chinesischen Treibhausgasemissionen 2017 voraussichtlich um 3,5 Prozent auf insgesamt 10,5 Gigatonnen steigen. In Indien sei der Anstieg mit zwei Prozent geringer, was vermutlich auf die gegenwärtige wirtschaftliche Schwäche des Landes zurückzuführen sei. Wenn sich die Wirtschaft erhole, dürften die CO₂-Emissionen im Jahr 2018 auch dort rasch wieder ansteigen.

Die Zeit läuft davon, warnen die Autoren

In Europa und den USA sind die Emissionen hingegen leicht zurückgegangen. Mit einer Abnahme von geschätzt 0,2 und 0,4 Prozent allerdings viel zu langsam, um dem Anstieg in anderen Regionen der Welt auszugleichen, schreiben die Forscher.

Corinne Le Quéré vom Tyndall Centre for Climate Change Research im britischen Norwich, unter deren Leitung die globale Bilanz entstand, sprach von sehr enttäuschenden Ergebnissen. "Dieses Jahr haben wir gesehen, wie der Klimawandel die Auswirkung von Hurrikans verstärken kann." Stärkere Regenfälle, höhere Meeresspiegel und wärmere Ozeane hätten die Entstehung starker Stürme begünstigt. Das sei ein Ausblick in die Zukunft, warnte die Klimatologin. Die Zeit laufe davon, um die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau noch zu begrenzen, von 1,5 Grad ganz zu schweigen. Derzeit verhandeln in Bonn Vertreter der Staaten, wie das Ziel des Klimavertrags von Paris noch zu erreichen ist.

Im Zeitraum von 2014 bis 2016 waren die Emissionen weitgehend stabil geblieben - und das trotz eines weltweiten Wirtschaftswachstums. Vor allem die verringerte Kohlenutzung, eine verbesserte Energieeffizienz sowie ein Boom bei den erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solarenergie haben wohl maßgeblich dazu beigetragen. Als besonders erfreulich bewerteten Experten die teilweise Entkopplung der Entwicklung von Bruttoinlandsprodukt und Emissionen. Das zeige, dass Wirtschaftswachstum nicht zwangsläufig zu einer Zunahme des Kohlendioxidausstoßes führen muss. Dem Bericht zufolge sind in der vergangenen Dekade in gut 20 Ländern bei anhaltendem Wirtschaftswachstum die Emissionen gesunken, darunter in Deutschland, den USA, Dänemark, Frankreich, Polen, Rumänien und Serbien. Zusammen sind diese Länder für etwa 20 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich. Einige Wissenschaftler hatten deshalb gehofft, dass der globale Höchststand der Emissionen vielleicht schon erreicht sei.

2018 könnten die Emissionen weiter steigen

Nun rechnen die Experten jedoch auch 2018 mit einem Anstieg der Treibhausgas-Emissionen. "Das ist ein echter Anlass zur Sorge", sagte Robert Jackson von der Stanford University. Die Daten der Studien seien jedoch mit einiger Unsicherheit behaftet. "Die Nachricht vom Anstieg der Emissionen 2017 ist unwillkommen. Aber es ist noch zu früh zu sagen, ob das ein einmaliger Ausrutscher auf dem Weg hin zum Erreichen eines globalen Höchststandes war oder der Anfang einer neuen Phase", sagt Glen Peters vom Cicero Center for International Climate Research in Oslo.

Den Report "Globales Kohlenstoff-Budget" erarbeiteten 76 Wissenschaftler aus 15 Ländern. In diesem Jahr erscheint der Bericht zum zwölften Mal und wird von der wissenschaftlichen Organisation "Global Carbon Project" herausgegeben.

Erst vor knapp zwei Wochen berichtete die Weltwetterorganisation WMO, dass die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre noch nie so schnell gestiegen sei wie im vergangenen Jahr. Das habe neben den Aktivitäten der Menschen vor allem am Wetterphänomen El Niño gelegen. Durch erhöhte Ozeantemperaturen und Dürren in den Tropen konnten Meere und Wälder nicht so viel klimaschädliches Kohlendioxid aufnehmen wie in anderen Jahren. Vor einer Woche erklärte die WMO zudem, dass 2017 "sehr wahrscheinlich" zu den drei heißesten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gehören wird.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3747308
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/chrb/beu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.