Als während der Corona-Pandemie Läden und Fabriken schlossen und Firmen ihre Mitarbeiter ins Home-Office schickten, schlug sich das auch in der Klimabilanz nieder: Zum ersten Mal seit etwa drei Jahrzehnten fielen im Jahr 2020 die Emissionen des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂). Rätselhaft allerdings, dass ein anderes Treibhausgas zur gleichen Zeit enorm anstieg: Die Methan-Emissionen erreichten während der Pandemie einen neuen Höchstwert. Methan erwärmt die Atmosphäre über 100 Jahre betrachtet 28 Mal so stark wie die gleiche Menge CO₂. Die Methan-Emissionen, obgleich sie auf einem viel geringeren Niveau liegen als Kohlendioxid, sind daher entscheidend für den Verlauf der Erderwärmung.
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Doch woher kam das ganze Methan so plötzlich, inmitten eines globalen wirtschaftlichen Einbruchs? In einer aktuellen Studie im Fachmagazin PNAS gehen Forscherinnen und Forscher dieser Frage auf den Grund. Darin berichten sie, dass der Anstieg hauptsächlich auf die Landwirtschaft und auf die Abfallverwertung zurückgehe sowie auf den Beitrag aus Feuchtgebieten. Emissionen aus der Nutzung fossiler Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle hätten dagegen nur unwesentlich zum Plus beigetragen.
Dies schließt das Team um Sylvia Englund Michel von der University of Colorado, Boulder, aus der Mischung der verschiedenen Methan-Isotope in der Atmosphäre. So hat Methan, das bei der Verbrennung oder Vergärung von Biomasse entsteht, einen anderen chemischen Fingerabdruck als Methan aus fossilen oder mikrobiellen Quellen. Die Forscher leiten daraus ab, dass vor allem Mikroorganismen in den vergangenen Jahren immer mehr Methan freigesetzt haben.
Steigende Temperaturen und mehr Niederschläge könnten das Mikroben-Wachstum ankurbeln
Den Menschen entlässt dies allerdings nicht aus der Verantwortung, denn das schließt die Landwirtschaft oder Müllkippen mit ein. So entsteht mikrobielles Methan beispielsweise in den Mägen von Rindern oder wenn Bakterien Abfall zersetzen. Auch wenn Düngemittel in Gewässer fließen oder neue Staudämme gebaut und damit Flächen überflutet werden, kann dies das Bakterienwachstum und somit die Methan-Emissionen ankurbeln.
Die Atmosphärenchemiker tippen zudem darauf, dass der Beitrag aus Feuchtgebieten erheblich angestiegen ist. Zu diesem Ergebnis waren bereits andere Publikationen gekommen, etwa eine Studie von 2023 im Fachmagazin Nature Climate Change. Ein chinesisch-amerikanisches Forscherteam kommt darin zum Ergebnis, dass die globale Erwärmung die Methan-Emissionen aus Feuchtgebieten verstärkt, da steigende Temperaturen und mehr Niederschläge den Stoffwechsel und die Vermehrung von Mikroorganismen ankurbeln. Auch wenn Permafrost infolge des Klimawandels auftaut, können mikrobielle Zersetzungsprozesse in Gang geraten, die den Methan-Ausstoß ankurbeln. Dieser sich selbst verstärkende Mechanismus müsse nun weiter untersucht werden, heißt es in der aktuellen PNAS-Studie.
Vor den Folgen des rasant steigenden Methan-Ausstoßes hatte vor ein paar Wochen erst die Forschungsallianz „Global Carbon Project“ gewarnt. Die Emissionen stiegen derzeit entlang der extremsten Klimapfade, der atmosphärische Methan-Gehalt sei so hoch wie seit mindestens 800 000 Jahren nicht mehr, heißt es in der Methan-Bilanz der Forscher. Menschliche Aktivitäten würden hierbei mindestens zwei Drittel der Methan-Emissionen ausmachen.
Um die Klimaziele zu erreichen, haben 150 Staaten vereinbart, die Methan-Emissionen bis Ende des Jahrzehnts um 30 Prozent zu senken, etwa indem stärker gegen Lecks bei der Öl- und Gasförderung vorgegangen wird. Derzeit sind die Ziele dieses „Methan-Versprechens“ laut den „Global Carbon Project“-Forschern aber in weiter Ferne.