Süddeutsche Zeitung

Klimakolumne:Zu heiß

Der Klimawandel bedroht weltweit die Gesundheit von Menschen, die im Freien arbeiten. Besonders stark betroffen sind offenbar Frauen.

Von Vera Schroeder

"Sommergefühle mit dunklen Flecken" nannte eine Bekannte das, was wohl viele Menschen in Deutschland in den vergangenen Tagen empfunden haben: Einerseits die himmelhochjauchzende Freude darüber, dass es endlich warm wird, ja, fast auf einen Schlag Schwimmbadwetter. Strumpfhose aus, Grill aus dem Keller und möglichst früh ab in den Feierabend. Andererseits das latente Gruseln genau über diesen schnellen Anstieg auf Sommertemperaturen schon im Mai vor dem Hintergrund der globalen Erderhitzung. Ist es nicht eigentlich schon wieder zu warm und zu trocken?

In Indien und Pakistan ächzen unterdessen die Menschen unter einer so extremen Hitzewelle, dass tagsüber in Delhi die Baustellen still stehen und sich die Menschen unter großen Brücken sammeln, um die heißesten Stunden des Tages zu überstehen.

Denn während sich viele Menschen vor der Hitze in klimatisierten Büros verstecken können, leiden ganz besonders Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unter ihr, die im Freien arbeiten. Das bestätigte nun auch eine neue Studie, die die Auswirkungen sommerlicher Hitzewellen auf die Gesundheit von Menschen, die im Freien arbeiten, in Las Vegas, Phoenix und Los Angeles untersuchte.

Dabei verglichen die Forschenden Daten zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten für die Jahre 2011-2018 mit Hitzeindexdaten aus den drei Städten. Der Hitzeindex ist eine Kombination aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit und zeigt an, wie die Menschen die Hitze empfinden. Ein Zusammenhang zwischen hohen Temperaturen und Erkrankungen und Unfällen war erwartet worden, wie deutlich dieser Zusammenhang ausfiel, hat die Forschenden dennoch überrascht.

Hormonelle Einflüsse müssen besser berücksichtigt werden

Und noch ein Ergebnis der Studie ist interessant: Unverhältnismäßig stark sind Frauen betroffen. Das kann zum einen daran liegen, dass ihr Anteil an den Arbeitenden im Freien immer größer wird. Zu Beginn der Studie im Jahr 2011 waren 26 bis 50 Prozent der betroffenen Personen in den drei Bundesstaaten weiblich. Im Jahr 2018 waren es 42 bis 86 Prozent. Darüber hinaus vermuten die Forschenden allerdings auch, dass Frauen anfälliger für bestimmte hitzebedingte Auswirkungen wie zum Beispiel Hyponatriämie sind - ein Zustand, der entsteht, wenn bei großer Hitze zu viel Wasser getrunken wird und der Natriumspiegel im Blut zu niedrig wird.

"Gerade weil die Zahl der Arbeiterinnen, die extremen Temperaturen ausgesetzt sind, zunimmt, müssen geschlechtsbedingte Unterschiede wie hormonelle Einflüsse oder Einflüsse des weiblichen Zyklus besser berücksichtigt werden, die während der Exposition gegenüber extremer Hitze eine wichtige Rolle spielen können", schreibt Studienkoautor Kebret Kebede vom Nevada State College.

Es hat also beides seine Berechtigung: Die Freude darüber, wie gut es einem allein dadurch gehen kann, dass endlich wieder Eisdielenwetter ist. Sowie das "Da kommt was auf uns zu"-Gefühl dabei, das eigentlich eher ein "Und viele stecken schon mitten drin"-Gefühl sein sollte und das sich auch beim schönsten Wetter nicht mehr verdrängen lässt.

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