Klimawandel:Gletscher, ade

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Die Alpen sind besonders vom Klimawandel betroffen. Ein Vergleich von historischen und aktuellen Fotos zeigt, wie rasant die Gletscher schmelzen.

Von Christoph Behrens

"Es ist bei der Beobachtung der Gletscherstände wie bei meteorologischen Aufzeichnungen", schrieb Eduard Richter in den 1890er Jahren. "Die einzelne Beobachtung ist so gut als wertlos, erst eine Reihe gestattet sachgemäße Verwertung." Der Österreicher war einer der Ersten, der die Gletscher der Alpen umfangreich kartierte und ihre Schwankungen protokollierte. Heute ist dank ihm und vieler weiterer "Gletscheraufseher" klar: Seit Ende des 19. Jahrhunderts schmelzen die Gletscher in den Alpen.

Ihre Fläche in Österreich etwa beträgt heute nur noch 44 Prozent der Fläche von 1850 - diesen Wert hat ein Team von Geologen anhand von Radarmessungen und historischen Berichten ermittelt. In den übrigen Alpenländern (und in anderen Gebirgen der Erde) ist die Entwicklung ähnlich.

Die Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF) dokumentiert den Schwund der Gletscher mit Fotografien. Die jüngsten Aufnahmen stammen von 2016, die älteren aus der Mitte des Jahrhunderts. Bewegen sie den Schieber in der Mitte des Bilds, um die Veränderungen zu sehen.

Die Pasterze ist der größte Gletscher Österreichs, er liegt am Fuße des Großglockners. Im Jahr 2015 allein schrumpfte er um rund 54 Meter. In der Gletschermitte wird von "Einbruchsprozessen" berichtet. Hitzesommer machen den Gletschern besonders zu schaffen, allein der Juli 2015 war knapp fünf Grad Celsius wärmer als im langjährigen Mittel von 1981 bis 2010. Die sogenannte Ablationsperiode zwischen Mai und September, wenn Schnee und Eis schmelzen, ist entscheidend dafür, wie stark Gletscher schrumpfen. Bleibt im Herbst zusätzlich der Schnee aus, kann der Verlust im Sommer nicht mehr wettgemacht werden.

"Bei den großen Talgletschern wie der Pasterze oder dem Gepatschferner bleibt zunehmend der Eisnachschub aus", sagt Andrea Fischer, Glaziologin an der Universität Innsbruck und Verfasserin des jüngsten Gletscherberichts von Österreich. Große Gletschersysteme zerfallen deshalb häufig in kleinere Teilabschnitte.

"Die Erfindung der Fotografie fällt zeitlich zusammen mit dem Rückgang der Gletscher seit dem Ende der kleinen Eiszeit", sagt Fischer. Die Gletscher der Alpen hätten am Ende dieser Kälteperiode im Jahr 1850 die größte Ausdehnung der vergangenen 10 000 Jahre erreicht. Seitdem erwärmt sich die Atmosphäre, die Gletscher schmelzen - und Fotografen dokumentieren den Prozess.

"Auch die Alpen sind mitten drin im Klimawandel", sagt Karsten Schmid, Klimaexperte bei Greenpeace. Das schmelzende Gletschereis sei dafür der sichtbarste Beleg.

Sowohl natürliche Klimaschwankungen als auch der vom Menschen verursachte Klimawandel setzen den Gletschern zu. "Beide Faktoren spielen eine Rolle", sagt Gletscherforscherin Fischer, "aber über die genauen Anteile kann man nur schwer eine Aussage treffen." Das liegt auch daran, dass kein Gletscher wie der andere ist. Manche sind stark der Sonne ausgesetzt, andere werden häufig von Lawinen getroffen oder bekommen viel Schnee ab. Daher gibt es auch vereinzelt Gletscher, die noch anwachsen, in Österreich hat etwa der Eiskargletscher seit 2007 um rund sieben Meter zugelegt. Insgesamt ist das Bild jedoch klar: Die Gesamtfläche der Gletscher auf der Erde schrumpft.

An der Stirn des Rhone-Gletschers in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren ein neuer Gletschersee gebildet, der beständig größer wird. Das wärmere Wasser nagt zusätzlich am darüberliegenden Eis. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts könnte der heute etwa acht Kilometer lange Gletscher vollständig abgeschmolzen sein.

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