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Klimawandel:Düstere Prognosen sind zuverlässiger

Klimaforscher sind sich einig, dass es wärmer wird - doch ob die Temperatur in den kommenden Jahrzehnten um 1,5 Grad Celsius steigt oder um 4,5 Grad ist unklar. US-Forscher berichten nun, dass ein wichtiger Faktor zu wenig berücksichtigt wurde.

Christopher Schrader

Es gibt offenbar gute Gründe, vom Klimawandel das Schlimmste zu erwarten. Die Zunahme der Temperatur bei weiterem Anstieg von CO2 und anderen Treibhausgasen dürfte eher den pessimistischen Werten in der Spanne der Vorhersagen folgen als den optimistischen, erklären zwei Forscher aus Boulder, Colorado.

Und das liegt womöglich daran, dass sich manche Entwickler der Computerprogramme für den Blick in die ferne Zukunft besser um das Problem mit den Wolken herumgedrückt haben als andere.

Der Effekt der Wolken auf das Klima ist nämlich nicht sehr gut verstanden. Wenn sie über der Erde treiben, blockieren sie einerseits das Sonnenlicht. Andererseits absorbieren sie Wärmestrahlung von der Erde, die sonst ins All entkommen könnte. Im Effekt kühlen Wolken die Erde eher ein wenig ab, nehmen Forscher an.

Doch ob das auch in Zukunft so bleibt, ist offen. Wird es mehr oder weniger Wolken geben? Verändert sich ihr Charakter, sodass es eine andere Bilanz von blockierter und absorbierter Strahlung gibt?

Diese Fragen tragen zur Unsicherheit bei, wie groß eine Standardgröße der Klimaforschung ist: die Klimasensitivität. Sie gibt an, um wie viel Grad es wärmer wird, wenn sich der CO2-Spiegel gegenüber der vorindustriellen Zeit verdoppelt. Angegebene Werte liegen zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius Erwärmung. Den zugehörigen CO2-Wert könnte die Welt 2050 erreichen.

John Fasullo und Kevin Trenberth vom Nationalen Zentrum für Atmosphärenforschung haben nun erkannt, dass sich die Wolken in den Klimasimulationen gut über die relative Feuchtigkeit der Atmosphäre fassen lassen. Die Daten dazu sind bekannt und einfach zu messen; der Zusammenhang ist plausibel: Wolken entstehen aus der Feuchtigkeit.

Aber nur manche der 16 Modelle, die die Forscher untersucht haben, schaffen es auf diese Weise die heutigen Werte gut nachzuvollziehen, besonders über dem Wüstengürtel der Subtropen, über Sahara, Gobi oder Mojave.

Dieser Abgleich der Berechnung mit den Messwerten ist ein wichtiger Test für die Qualität der Simulationen. Am besten bestehen ihn die Modelle, die auch eine höhere Klimasensitivität besitzen als die anderen - und damit eine schnellere Erwärmung vorhersagen (Science, Bd. 338, S. 792, 2012). Im möglichen Bereich von 1,5 bis 4,5 Grad liegen die somit zuverlässigeren Modelle bei Werten um vier Grad Celsius.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2012/mcs
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