Klimabilanz:2,4 Milliarden Tonnen weniger CO₂ dank Corona

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"Das schlechteste Jahr in der Geschichte der Luftfahrt": auf dem Frankfurter Flughafen geparkte Maschinen der Lufthansa. (Foto: Jörg Halisch/imago images)

Die Corona-Krise hat den CO₂-Ausstoß um sieben Prozent reduziert. Forscher mahnen, die Konjunkturpakete für Klimaschutz-Investitionen zu nutzen.

Von Hanno Charisius

Kurz vor Jahresende zeichnet sich ab, dass die Corona-Krise sich auch in der weltweiten Treibhausgasbilanz niederschlägt. Die globalen Kohlendioxid-Emissionen fallen nach Berechnungen des Global Carbon Project in diesem Jahr sieben Prozent geringer aus als im Jahr 2019, das entspricht einer Menge von 2,4 Milliarden Tonnen CO₂.

Auf die globale Erwärmung hat diese Reduktion jedoch aktuell keine Auswirkung. Der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre stieg im Jahresmittel auf einen neuen Rekordwert und beträgt jetzt 412 ppm. Die Abkürzung steht für parts per million und die Zahl gibt an, wie hoch der CO₂-Gehalt in der Luft ist. Damit liegt dieser Wert um 48 Prozent über dem atmosphärischen CO₂-Gehalt in der vorindustriellen Zeit.

Das Global Carbon Project GCP ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die versuchen, die menschlichen Treibhausgasemissionen zu messen und die Ursachen zu bestimmen. Insgesamt beziffert das GCP die weltweiten CO₂-Emissionen des Jahres 2020 aus der Nutzung von Land und fossilen Brennstoffen auf etwa 39 Gigatonnen.

Trotz der deutlichen Reduktion liegt der Wert auf dem Niveau des Jahres 2012. Die geringeren Emissionen dieses Jahres verlangsamen die Klimaerwärmung lediglich etwas, aufgehalten wird der weltweite Temperaturanstieg erst, wenn es alle Länder schaffen, netto gar keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre zu entlassen.

Laut GCP kommt ein Großteil der diesjährigen CO₂-Reduktion aus dem Transportsektor. Auch im Dezember 2020 lagen die Emissionen aus dem Straßen- und Luftverkehr aufgrund der anhaltenden Beschränkungen immer noch um bis zu 40 Prozent unter den Vorjahreswerten.

Nach der Finanzkrise stiegen die Emissionen sprunghaft wieder an

Doch ob der coronabedingte Rückgang der Emissionen sich in Zukunft fortsetzen wird, kann derzeit niemand abschätzen, warnen die Forscher in einer Mitteilung. Es könnte auch zu einem Nachholeffekt kommen, wie etwa nach der Finanzkrise 2008. Im Jahr 2010 stiegen die Emissionen sprunghaft um fünf Prozent an. Dies könnte auch im kommenden Jahr bevorstehen, falls ein Großteil der Welt wieder aus dem Lockdown kommt.

Da im vergangenen Jahr kaum weniger Waren bewegt wurden als im Jahr zuvor, ginge die Reduktion wahrscheinlich darauf zurück, dass sich die Menschen weniger bewegt haben, sagt Judith Hauck vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, eine Co-Autorin des Reports. Jetzt sei es wichtig, Dinge, die zur Treibhausgaseinsparung während der Pandemie beigetragen haben, zu verstetigen, sagt die Geografin und Expertin für Landnutzungssysteme Julia Pongratz von der Universität München, ebenfalls Co-Autorin des GCP-Reports. Damit meint sie etwa sogenannte Pop-up-Fahrradwege, vermehrtes Arbeiten aus dem Home-Office und Vermeiden von Geschäftsreisen.

All das könnte einen kleinen Beitrag gegen die Klimakrise leisten, aber wohl keine 2,4 Milliarden Tonnen CO₂ pro Jahr einsparen. "Doch wir bräuchten jedes Jahr eine Treibhausgasreduktion in dieser Größenordnung, um die erwartete Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten", sagt Judith Hauck. Auf dieses Ziel haben sich vor fünf Jahren 195 Staaten während der UN-Klimakonferenz in Paris verpflichtet.

Um es zu erreichen, müssen alle Länder ihren Netto-CO₂-Ausstoß innerhalb weniger Jahrzehnte bis spätestens Mitte des Jahrhunderts auf null reduzieren. Dazu braucht es Energiespeicher, um Strom aus unsteten regenerativen Quellen wie Wind oder Sonne zwischenzulagern, energieeffiziente Häuser, die Industrie, allen voran Stahl und Zement, müsste sich rasch Richtung Null-Emissionen bewegen und was sich nicht wegreduzieren lässt, müsste wieder aus der Luft zurückgeholt werden.

Das ein solches Unterfangen teuer wird, ist offensichtlich, doch gerade in der Corona-Krise könnten die Länder vielleicht umsteuern, sagt Julia Pongratz. "Wir brauchen etwa ein Zehntel der Summen, die derzeit weltweit in Konjunkturprogramme gesteckt werden, um den Technologiesektor so zu verändern, dass er netto kein Kohlendioxid mehr freisetzt."

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