Klimaschutz:Einfach anfangen

Klimaschutz: Es gibt bereits das Wissen und die Technik, um die Erderwärmung zu stoppen - man muss sie nur einsetzen, und das natürlich möglichst schnell.

Es gibt bereits das Wissen und die Technik, um die Erderwärmung zu stoppen - man muss sie nur einsetzen, und das natürlich möglichst schnell.

(Foto: Martin Muránsky/PantherMedia)

Das Klimaziel von 1,5 Grad ist fast außer Reichweite - doch das ist kein Grund, jetzt aufzugeben.

Kommentar von Christoph von Eichhorn

Nüchtern betrachtet steht es nicht gut um das Klima: Die Treibhausgas-Emissionen befinden sich trotz aller Beteuerungen zu mehr Klimaschutz auf einem Rekordhoch. Weltweit wird so viel Kohle verheizt wie nie zuvor. Um 1,1 Grad Celsius hat sich die Erde bereits seit Beginn der Industrialisierung aufgeheizt. Wenn es in dem Tempo weitergeht, dauert es nicht mehr lange, bis die 1,5-Grad-Marke geknackt wird. Möglichst auf diesen Wert wollte die Welt die Erderwärmung in diesem Jahrhundert begrenzen.

Angesichts der Dramatik ist es bemerkenswert, welche Verrenkungen die Autoren des neuesten Weltklimaberichts unternehmen, um darzulegen, wie die 1,5 Grad doch noch irgendwie zu schaffen seien. Man müsste sofort den Ausbau von fossilen Energien stoppen, sofort die Emissionen senken, sofort die Industrie grundlegend umbauen. Man müsste.

Jedes Zehntelgrad vermiedene Erwärmung bedeutet weniger Klimaschäden

Dass dies nicht so schnell passieren wird wie nötig, ist natürlich nicht die Schuld der Wissenschaftler. Sie legen nur den Weg zu einem Ziel dar, auf das sich die Regierungen selbst geeinigt haben. An deren Versagen liegt es, dass dieser Weg immer steiler und steiler geworden ist und mittlerweile wohl zu einem Luftschloss führt. Letztlich geht diese Art der Fixierung auf eine Zahl - hopp oder top - ohnehin am Wesentlichen vorbei. Bis die Emissionen nicht bei Null angelangt sind, wird sich die Erderwärmung fortsetzen. Egal an welcher Schwelle man die Erhitzung stoppt - um einen grundlegenden Umbau der globalen Wirtschaftsweise kommt man nicht herum.

An dieser Stelle besteht durchaus Grund für einen gewissen Optimismus. Vor allem sind die Kosten für erneuerbare Energien in den letzten Jahren so rasant gefallen, wie es kaum jemand für möglich gehalten hat: Photovoltaik seit 2010 um 85 Prozent, Windenergie um die Hälfte. Damit sind Windräder und Solarmodule vielerorts schon günstiger als fossile Energieträger. Hinzu kommt, dass 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern leben, die bislang auf Energieimporte angewiesen sind. Für sie werden die Vorteile eines Umstiegs auf Erneuerbare in den nächsten Jahrzehnten immer größer werden: Vermiedene Abhängigkeiten, geringere Kosten, sauberere Luft.

Es gibt also bereits das Wissen und jetzt auch die Technik, um die Erderwärmung zu stoppen - man muss sie nur einsetzen, und das natürlich möglichst schnell. Eine Marke wie 1,5 Grad, die rasch näher kommt, sollte dabei keine Ausrede sein, sondern nur größerer Ansporn. Jedes Zehntelgrad Erwärmung weniger bedeutet auch weniger Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen oder andere katastrophale Folgen der Klimakrise.

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