Klimakonferenz in Südafrika:Bange Stunden in Durban

Sie verhandeln und verhandeln - wenn sie nicht schon abgereist sind: In Durban sollte das Kyoto-Protokoll verlängert und der Einstieg in ein rechtlich verbindliches Klima-Abkommen geschafft werden. Doch es bewegt sich: fast nichts. Europäer und Inselstaaten drängen, Amerikaner und Chinesen blockieren. Der chaotische Klimagipfel köönte auf ein unrühmliches Ende zusteuern.

Michael Bauchmüller, Durban

Die bangen Stunden werden immer länger. Mittlerweile ist ein kleines Grüppchen von Ministern wieder in einem Konferenzraum verschwunden, sie verhandeln über den Kampf gegen die Erderwärmung. Ob die Klimakonferenz in Durban ein gutes Ende nehmen wird - keiner weiß es.

Greenpeace protest at the Climate change convention in Durban

Greenpeace-Aktivisten präsentieren am Rande der Klimakonferenz in Durban Plakate mit der Aufschrift "Hört auf die Menschen - nicht auf die Verschmutzer". Die Konferenz droht, ohne rechtlich verbindliches Ergebnis zu Ende zu gehen.

(Foto: dpa)

Das Drama hatte am Freitagabend begonnen. Da hatte Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane den Delegationen einen ersten Kompromissentwurf vorgelegt. Er sollte einen Weg bahnen für die Verlängerung des Kyoto-Protokolls einerseits und für den Einstieg in ein neues, rechtlich verbindliches Abkommen andererseits. Es ist die Schlüsselfrage dieser Konferenz: Schon im nächsten Jahr laufen die gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll aus. Dann droht ein klimapolitisches Vakuum.

Vor allem kleine Inselstaaten und Entwicklungsländer drängen darauf, dass am Ende beides herauskommt. Eine Verlängerung des Kyoto-Protokolls, damit zumindest der einzige globale Klimavertrag erhalten bleibt; und ein neues Klimaabkommen, das dann auch andere Industriestaaten und große Schwellenländer zum Klimaschutz verpflichtet. Auch solche, die davon bisher nichts wissen wollen, etwa die USA oder China. Die Europäer wiederum, die im Kyoto-Protokoll die Hauptlast tragen, wollen nur verlängern, wenn die USA und China in den kommenden Jahren in den verbindlichen Klimaschutz einsteigen. Eine explosive Mischung.

Schon in der ersten Sitzung geht die Ladung hoch. Den Entwicklungsländern, auch den Europäern, ist der Vorschlag der Südafrikanerin zu schwach. Nach knapp drei Stunden endet die Sitzung: mit dem Auftrag an Nkoana-Mashabane, einen neuen Entwurf vorzulegen, einen besseren. Der kommt kurz vor Mitternacht. Und seitdem wird, mit einer Unterbrechung, verhandelt.

Möglich sind drei Szenarien

"Kein Mensch weiß, wie dass hier ausgeht, es ist alles sehr schwierig", sagt ein europäischer Diplomat am Samstagmittag. "Das ganze Paket ist einfach unheimlich komplex." Noch am Morgen hatte auch die europäische Delegation überlegt, ob sie überhaupt weiterverhandeln soll. Bei vielen Ministern, darunter auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), drängt der Abflug - und bei den anderen Staaten bewegt sich nur wenig. Nach einer Stunde Beratung entscheidet die EU, es weiter zu versuchen.

Seither treffen sich alle möglichen Minister in allen möglichen Konstellationen. Mal die Europäer mit den kleinen Inselstaaten, mit denen sie am Donnerstag eine neue Allianz gebildet hatten. Mal Chinesen mit Indern. Mal die Minister in der so genannten "Indaba". Da sitzen dann knapp 30 Vertreter der wichtigsten Staatengruppen beisammen und loten aus, wo welche Einigung möglich ist. Frühestens am späten Nachmittag wird das Plenum der 194 Staaten zusammentreten, zumindest mit den Ministern, die dann noch nicht abgereist sind. Dann geht es um alles oder nichts.

Möglich sind im Wesentlichen drei Varianten.

[] Die Staaten schaffen den Durchbruch. Dann würde einerseits das Kyoto-Protokoll verlängert, voraussichtlich bis Ende 2017. Gleichzeitig aber würden sie vereinbaren, bis spätestens 2015 ein neues Klimaabkommen auszuhandeln, und zwar für alle Staaten.

[] Die Staaten geben fürs erste auf. Können sie sich nicht einigen, dann kann die Konferenz auch "die Uhr anhalten". Die Verhandlungen würden unterbrochen und könnten im Sommer fortgesetzt werden, etwa in Bonn. So eine Situation gab es schon einmal, Ende 2000 in Den Haag. Ob dann noch einmal der Druck entsteht, der in diesen Stunden auf den Staaten lastet, ist allerdings fraglich.

[] Die Staaten schließen einen faulen Kompromiss. Um die Schwierigkeiten etwa mit den USA zu umschiffen, könnten sie zwar ein neues Klimaabkommen vereinbaren, aber Form und Zeitpunkt offen halten. Damit wäre nicht einmal klar, ob sich alle Staaten daran halten müssen, geschweige denn, ob es irgendwem nutzt. Allerdings haben die Europäer schon angekündigt, da nicht mitzumachen - siehe Variante zwei.

Selbst die wenigen Erfolge der Konferenz stünden dann in Frage: So hatten die Minister immerhin schon eine Einigung über den "Green Climate Fund" gefunden, der in Zukunft Entwicklungsländern helfen soll, mit den Folgen des Klimawandels klarzukommen. Ob der noch verabschiedet wird, wenn alles andere scheitert? Das weiß in diesen bangen Stunden kein Mensch.

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