SZ-Klimakolumne:Wie schlägt sich Deutschland in Glasgow?

SZ-Klimakolumne: Protest von Aktivisten in Glasgow: Reagiert die Politik schnell genug auf die Klimakrise?

Protest von Aktivisten in Glasgow: Reagiert die Politik schnell genug auf die Klimakrise?

(Foto: BEN STANSALL/AFP)

Abholzung stoppen, fossile Projekte beenden, den Verbrennungsmotor beerdigen: Auf der Klimakonferenz in Glasgow wurde vieles versprochen - nicht immer auch von Deutschland.

Von Christoph von Eichhorn

So träge die Klimapolitik auch manchmal ist: Das Tempo, mit dem Politiker und Unterhändler auf der Klimakonferenz COP26 neue Statements und Deklarationen unterschreiben und Allianzen für dieses oder gegen jenes schmieden, ist durchaus beachtlich. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht die Rettung der Wälder, der Umbau der Landwirtschaft oder das Ende der Kohle verkündet wird.

Zum nahenden Abschluss der Konferenz eine kurze Bilanz aus deutscher Sicht: Angeschlossen hat sich die Bundesrepublik etwa einer Vereinbarung zum Schutz der Wälder. Bis 2030 soll die weltweite Entwaldung gestoppt und ins Gegenteil verkehrt werden. Alles andere als Zustimmung zu diesem Ansinnen wäre für die Heimat von Hans Carl von Carlowitz, dem Erfinder des Prinzips der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft, auch ziemlich peinlich. Ebenfalls stimmte die Bundesregierung einer Erklärung zu, die Kohleverbrennung in den 2030ern zu beenden - was nicht besonders weh tut, schließlich ist der Kohleausstieg bis spätestens 2038 ohnehin besiegelt.

Nicht vertreten ist Deutschland dagegen in der "Beyond Oil & Gas Alliance". Der von Costa Rica und Dänemark angeführte Block will keine neuen Öl- und Gasfelder mehr erschließen und die Produktion fossiler Rohstoffe beenden. Schon ein bisschen mutlos, dass die Bundesregierung das nicht unterstützt. Schließlich gründet die Zukunft des Landes eher nicht darauf, dass unter der Lüneburger Heide noch neue Ölvorkommen entdeckt werden.

Von 2023 an darf die KfW keine fossilen Projekte mehr unterstützen

Deutlich mehr Arbeitsplätze hängen hierzulande am Automobil - und auch in diesem Bereich blockiert die Bundesregierung bislang. Zwei Dutzend Länder wollen von 2035 an keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zulassen. Auch die Fahrzeughersteller Ford, General Motors und Mercedes-Benz haben sich der Initiative angeschlossen. Die Unterschrift der deutschen Regierung fehlt hingegen. Das könnte noch nach hinten losgehen, kommentiert mein Kollege Michael Bauchmüller.

Am meisten positiv überrascht hat mich, dass sich Deutschland dazu durchgerungen hat, im Ausland keine neuen fossilen Energieprojekte mehr zu unterstützen. Die Unterschriften von mittlerweile 27 Staaten bedeuten nach Berechnungen der NGO Urgewald, dass die Summe der potenziellen öffentlichen Finanzmittel, die von fossilen Brennstoffen auf saubere Energie umgeschichtet werden, auf 21,7 Milliarden US-Dollar wächst. In Deutschland dürften gemäß der Erklärung etwa die KfW-Bank oder die Exportkreditagentur Euler Hermes, die Investitionen deutscher Firmen im Ausland absichert, keine neuen fossilen Projekte mehr unterstützen. Die Verpflichtung gilt von 2023 an. Wie ernst es der Regierung mit dem Vorhaben ist, wird man aber schon bald sehen. So steht das Wirtschaftsministerium kurz vor der Entscheidung über Kreditgarantien für ein riesiges Erdgasprojekt in Russland, an dem deutsche Konzerne mitverdienen wollen.

Für alle Vereinbarungen in Glasgow gilt wohl, was UN-Generalsekretär António Guterres anlässlich des Pakts zum Schutz der Wälder twitterte: "Die Erklärung zu unterschreiben, ist der leichte Teil. Wesentlich ist, dass sie umgesetzt wird."

Wie bewerten Sie Deutschlands Leistung in Glasgow oder allgemein in der Klimapolitik? Schreiben Sie mir gerne unter klimafreitag@sz.de.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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