Klimagipfel Kopenhagen:Die grünsten Metropolen Europas

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Skandinavische Hauptstädte liegen einer Studie zufolge beim Umweltschutz ganz vorn. Berlin ist weniger erfolgreich.

Christopher Schrader

Dieses Jahr hat Ritt Bjerregaard den "grünsten Weihnachtsbaum aller Zeiten" aufgestellt. Die mit einem Augenzwinkern vorgetragene Behauptung der Kopenhagener Bürgermeisterin bezieht sich weniger auf die Farbe der Nadeln, als auf die Quelle des Stroms, der die Lampen aufleuchten lässt. Neben dem Baum stehen aufgebockte Fahrräder, wo Bürger und Touristen einige Stunden am Tag Licht mit Muskelkraft erzeugen.

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Seit Dienstag kann sich die Bürgermeisterin noch mit einem weiteren Titel schmücken: Kopenhagen ist bei einer Studie unter 30 europäischen Metropolen als die grünste Hauptstadt gekürt worden. "Wir kämpfen seit Jahren darum, eine umweltfreundliche Stadt zu werden. Im Jahr 2025 möchten wir sogar die erste Kohlenstoff-neutrale Hauptstadt der Welt sein", sagte Bjerregaard. Bereits heute kommen mehr als zwei Drittel der Kopenhagener mit Bus, U-Bahn oder Fahrrad zur Arbeit. Fast alle Häuser sind an das Fernwärme-Netz angeschlossen, die Gebäude der Stadt haben darum den geringsten Energieverbrauch im Vergleich der 30 Hauptstädte.

Städte sind für den Klimaschutz besonders wichtig. Hier leben mehr als die Hälfte aller Menschen, die aber etwa 80 Prozent des gesamten Kohlendioxids freisetzen. Darum hat der Auftraggeber der Studie über den Green City Index, der Siemens-Konzern, die Bekanntgabe des Siegers in das Rahmenprogramm der Klimakonferenz in Kopenhagen gelegt. Das sei aber passiert, bevor jemand wusste, dass Kopenhagen den ersten Platz belegen würde, betont James Watson von der Beratungsfirma Economist Intelligence Unit, die zum gleichnamigen Londoner Wirtschaftsmagazin gehört.

Seine Mitarbeiter haben den Index aus 30 öffentlich verfügbaren Indikatoren zusammengestellt. Die Städte haben sich nicht um die Teilnahme beworben, anders als beim Wettbewerb "European Green Capital" der EU. Diesen Titel trägt Stockholm 2010 und Hamburg 2011.

Die schwedische Hauptstadt ist beim Green City Index auf den zweiten Platz gekommen, vor Oslo. Berlin hat den achten Platz erreicht, am Schluss stehen Sofia, Bukarest und Kiew. Bei der Bewertung hatten die acht Kategorien das gleiche Gewicht, der Energieverbrauch zählte so viel für die Endnote wie der Umgang mit Müll oder die Governance, also die Art der Regierungsführung bei Umweltfragen. Kopenhagen hat durch gute Plätze in allen Kategorien gewonnen. Berlin liegt überall im oder über dem Durchschnitt; bei den Gebäuden hat die Stadt einen Spitzenplatz, da mittlerweile zwei Drittel der Wohnungen im Ostteil gegen Wärmeverluste isoliert sind.

"Ein Blick auf die Liste zeigt, dass der Wohlstand natürlich eine Rolle für das Ergebnis spielt", sagt Studienleiter Watson. "Aber es ist auch das Engagement der Bürger. Wo Menschen freiwillig im Sportverein arbeiten, sind sie auch leichter auf die Isolation ihrer Häuser anzusprechen." Dagegen hatten das Klima und die Größe einer Hauptstadt keinen Einfluss. "Kleine Städte besitzen einen Anfangsvorteil bei Umweltfragen, aber die großen haben mehr Geld, um sich wirklich darum zu kümmern", sagt Watson. So liegt das kleine Vilnius, die Hauptstadt Litauens, nur knapp hinter den Metropolen London, Paris und Madrid im Mittelfeld.

Im Prinzip können über eine Webseite nun auch andere Städte ihre Daten in die Analyse einbringen, sagt Watson. Reinhold Achatz, Leiter der Siemens-Konzernforschung ergänzt: "Nachmachen ist hier durchaus erwünscht. Der Austausch über die besten Beispiele kann allen helfen." Ritt Bjerregaard hat auch schon etwas im Auge, was sie sich in Stockholm abschauen möchte, eine City-Maut. "Wir haben eine klare Mehrheit im Stadtrat dafür, aber die Regierung lässt uns nicht."

© SZ vom 09.12.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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