Klimagipfel in Cancún:194 Staaten und das Zwei-Grad-Ziel

Die Vereinten Nationen wollen die Erderwärmung auf zwei Grad beschränken - und die Mitgliedsstaaten streiten um das Wie. In Mexiko geht der Kampf ums Klima in die nächste Runde. Die Zeit drängt.

Michael Bauchmüller

Die Bundesregierung geht mit verhaltenem Optimismus in die Klimakonferenz im mexikanischen Cancún. In vielen Fragen gebe es mittlerweile Bewegung, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Montag in Berlin. Ziel sei es nun, ein erstes Paket zu schnüren, auf dessen Basis dann im kommenden Jahr ein neues Abkommen entstehen könnte. "Dazu ist ein Kompromiss von allen 194 beteiligten Staaten notwendig", sagte Röttgen. "Das muss nicht gelingen, aber es ist machbar."

Klimagipfel in Cancún: "Dringend! Rettet Leben!" Ein Junge spielt in Cancún am Rande einer Demonstration von Umweltschützern neben einer Flaschenpost mit der Forderung der Aktivisten.

"Dringend! Rettet Leben!" Ein Junge spielt in Cancún am Rande einer Demonstration von Umweltschützern neben einer Flaschenpost mit der Forderung der Aktivisten.  

(Foto: AFP)

Zeitgleich wurde am Montagabend deutscher Zeit die 16. Klimakonferenz der Vereinten Nationen eröffnet. Es ist das erste große Zusammentreffen nach der Klimakonferenz in Kopenhagen im vorigen Winter. Damals waren 120 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt angereist, um das Fundament für einen neuen Klimavertrag zu legen. Er hätte eigentlich in Cancún unterzeichnet werden sollen. Nach zähen Verhandlungen aber konnten sich die Staatsführer nur auf den "Copenhagen Accord" einigen - ein dreiseitiges, letztlich folgenloses Papier. Das Plenum der Kopenhagener Konferenz nahm es nur zur Kenntnis - womit es nicht zum offiziellen Beschluss einer Klimakonferenz wurde.

Damit wird die Hauptaufgabe nun darin liegen, Teile des "Copenhagen Accord" zum offiziellen Gegenstand der Klimaverhandlungen zu machen. So hatten die Staats- und Regierungschefs festgeschrieben, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius plus zu beschränken. Damit wäre zumindest ein Fernziel für Verhandlungen gegeben - nur ist es eben nicht völkerrechtlich verbindlich vereinbart.

Das Gleiche gilt für die Selbstverpflichtungen, die mehr als 80 Staaten nach der Konferenz in Kopenhagen abgaben. Teils sagten sie Minderungen der Treibhausgase bis 2020 zu, teils Aktionspläne, mit denen sie ihr Wirtschaftswachstum klimafreundlicher gestalten wollten. Doch bleibt es bei Willensbekundungen, solange nichts offiziell beschlossen ist.

Bisher existiert nicht einmal ein Zeitrahmen, bis wann ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll gefunden sein soll. Dabei drängt die Zeit: Ende 2012 werden die gegenseitigen Verpflichtungen der Staatengemeinschaft auslaufen. Damit müsste spätestens im kommenden Jahr im südafrikanischen Durban eine Nachfolgeregelung ausgehandelt werden. "Wenn wir in Durban nicht fertig sind, wird es eng", sagte Karsten Sach, der Leiter der deutschen Delegation. "Ein Jahr wäre zu schaffen."

Entscheidende Fortschritte nötig

Dazu allerdings muss auch nach Auffassung der Bundesregierung die Konferenz in Cancún die entscheidenden Fortschritte machen. "Es geht nicht mehr darum, Schritte zu planen, sondern Schritte zu tun." So müsse das Zwei-Grad-Ziel auch offiziell Grundlage der Verhandlungen werden.

Damit könnte sich schnell herausstellen, dass die bisherigen Angebote der Staaten nicht ausreichend sind. Umweltschützer und Wissenschaftler gehen davon aus, dass alle bisherigen Zugeständnisse allenfalls bei drei bis vier Grad Temperaturplus enden würden. Ein folgenreicher Wandel des Erdklimas ließe sich dann kaum noch aufhalten.

Auch beim Schutz der Wälder sind die Verhandlungen schon recht weit, ebenso beim Transfer klimaschützender Technologien. Beide Kapitel ließen sich in Cancún abschließen - allerdings nur als Teile eines größeren Pakets. Dieses müsse auch klare Regelungen für die Messung und den Nachweis der jeweiligen Klimaschutzpolitik enthalten, forderte Röttgen.

Andernfalls bliebe es bei Selbstverpflichtungen, die sich von anderen Staaten nicht prüfen ließen. Auch gibt es bisher zwar die Zusage der Industriestaaten, von 2013 an jährlich 100 Milliarden Dollar für die Unterstützung armer Staaten bereitzustellen, die mit Folgen des Klimawandels überfordert wären. Wie sich die Gelder eintreiben lassen und wer sie verteilt, ist aber bisher unklar. Auch dies müsste in Mexiko geklärt werden.

Entscheidungen aber werden erst kommende Woche fallen - dann treffen Minister aus aller Welt in Cancún ein.

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