Süddeutsche Zeitung

Klimaforschung:Ruß aus dem Eis

Wenn Gletscher schmelzen, hat das besonders Auswirkungen auf den Meeresspiegel. Aber im Eis ist auch eine Menge Kohlenstoff eingeschlossen, der dann frei wird - und ins Meer und später in die Luft gerät.

Von Christopher Schrader

Die abschmelzenden Gletscher sind offenbar eine bisher weitgehend ignorierte Quelle von Kohlenstoff im Ozean. Bisher habe man sich vor allem Gedanken über den Einfluss von Schmelzwasser gemacht. Aber wenn damit auch organische Kohlenstoffverbindungen ins Meer gelangen, könnten sie dort die Nahrungsnetze verändern, berichtet ein Forscherteam aus Alaska, Florida und der Schweiz. Das Wasser dürfte viel von dem Element an die Atmosphäre abgegeben, wo es als Kohlendioxid zum Klimawandel beiträgt. Der im Meer verbleibende Anteil könnte die Versauerung steigern.

Die Wissenschaftler haben - erstmals, wie sie sagen - zusammengetragen, wie viel Kohlenstoff in Form von Rußpartikeln im Eis der Gletscher eingeschlossen oder gelöst ist; Letzteres macht nicht nur die größere Menge aus, sondern ist auch biologisch wirksamer. Im globalen Mittel enthalte ein Liter Eis etwa ein Milligramm Kohlenstoff. Das Team kommt so auf insgesamt sechs Milliarden Tonnen des Elements, das sind knapp zwei Drittel der jährlich beim Verbrennen von Kohle, Öl und Gas sowie bei der Zementproduktion freigesetzten Menge. Das meiste davon steckt im Eispanzer der Antarktis, die Gletscher der Hochgebirge machen etwa zwei Prozent aus (Nature Geoscience, online).

Weniger als ein Promille des Kohlenstoffs im Eis werde jährlich umgewälzt, rechnet das Team um Eran Hood von der University of Alaska in Juneau vor, vor allem in Berggletschern. Das meiste mache ein Kreislaufprozess aus, bei dem Eisströme unten schmelzen und oben durch Niederschläge wieder wachsen. Allerdings werde in den kommenden Jahren der Anteil deutlich ansteigen, der wegen des Abschmelzens aus dem Eis ins Meer gespült wird. Das Team kommt auf insgesamt 15 Millionen Tonnen von gelösten Kohlenstoffverbindungen, die bis 2050 zusätzlich freigesetzt würden. Das sei immerhin halb so viel, wie der Amazonas jährlich in den Atlantik trage.

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Quelle:
SZ vom 20.01.2015
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