Klima - Kiel:Studie: Für Klimaneutralität Wandel in allen Bereichen nötig

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Jan Philipp Albrecht (Bündnis90/Die Grünen), schleswig-holsteinischer Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, spricht beim Landwirtschaftstag der Volksbanken in den Holstenhallen. Foto: Carsten Rehder/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Neben einem massiven Ausbau der Öko-Energien ist für eine annähernde Klimaneutralität bis 2050 auch eine drastische Änderung des Konsumverhaltens der Schleswig-Holsteiner nötig. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Donnerstag in Kiel vorgestellte Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung. Von der Klimawende seien alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche betroffen", sagte der Geschäftsführer der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein, Stefan Sievers, am Donnerstag. Die Gesellschaft hatte die Studie in Auftrag gegeben.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll der Treibhausgas-Ausstoß in den nächsten 30 Jahren im Vergleich zu 1990 um bis zu 95 Prozent sinken. Neben dem Ausbau der Windkraft an Land spielt bei den Modellen der Studie weitgehende Klimaneutralität bei möglichst niedrigen Kosten auch Wasserstoff eine zentrale Rolle. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Schleswig-Holstein neben günstigen Windpotenzialen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff auch gute Speicherbedingungen in Kavernen in Salzstöcken bietet. Demnach könne das Land zur "deutschlandweit bedeutsamsten Wasserstoffproduktionsstätte" werden.

"Wir werden einen Klimaschutzplan für die kommenden 30 Jahre auf den Weg bringen", sagte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne). Die Landesregierung steht zu den erklärten Klimazielen. "Für all das brauchen wir vor allem eines: einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien". Treibhausgase dürften sich außerdem durch technische Optimierungen einsparen lassen.

Um eine Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes um 95 Prozent bis 2050 im Norden zu erreichen, müsste im Verkehr 2050 unter anderem völlig auf fossile Brennstoffe verzichtet werden und die Anzahl der Autos um zehn Prozent sinken. Die Wissenschaftler haben in ihren Modellen für das möglichst günstige Erreichen der Klimaziele auch eine massive Reduzierung des Fleischverzehrs berücksichtigt, weil der Landwirtschaftssektor im nördlichsten Bundesland eine große Rolle spielt. Dessen Treibhaus-Emissionen ließen sich nicht so stark senken wie beispielsweise beim Straßenverkehr. Deshalb werde im Norden bis 2050 voraussichtlich nur eine Reduzierung der Emissionen um 92 Prozent erreicht.

Klar ist laut der Studie, dass der Nettostromverbrauch in Schleswig-Holstein steigen wird - angesichts von zunehmender Elektromobilität, dem Einsatz von Wärmepumpen und dem Ausbau der KWK (Kraft-Wärme-Kopplung). Die Forscher gehen von einem Anstieg des Stromverbrauchs bis 2050 um etwa die Hälfte gegenüber 2016 aus. Eine Wasserstoffproduktion ist dabei nicht einmal berücksichtigt. Wie hoch die volkswirtschaftlichen Kosten einer weitgehenden Klimaneutralität sein werden, vermochte Studien-Projektleiter Klaus Wortmann nicht zu sagen. Albrecht rechnet "mit erheblichen Klimaanpassungskosten".

Ende Oktober hatten Experten des Forschungszentrums Jülich eine Analyse vorgestellt, wonach bundesweit Investitionen von mehr als 1,8 Billionen Euro notwendig sind, um Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Kostentreiber seien dabei besonders die Entwicklung und der Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe. Auch sie berechneten - wie im Fall der Studie für den Norden - die Bedingungen für zwei verschiedene Szenarien, bei denen der Treibhausgasausstoß innerhalb der nächsten 30 Jahre um 80 beziehungsweise um 95 Prozent reduziert werden sollen.

Der SPD-Klimapolitiker Thomas Hölck sieht durch die Studie die Schlüsselrolle der Windkraft bestätigt. Der dringend notwendige Ausbau der Windkraft an Land sei aufgrund des laufenden Moratoriums aber praktisch zum Erliegen gekommen. "Jamaika hat mit dem Murks beim Ausbau der Windkraft nicht nur der Wirtschaft schwer geschadet, sondern auch der Akzeptanz bei den Menschen." Der Umstieg von fossilen Energieträgern und Atomkraft auf Öko-Energien könne aber nur mit den Menschen gelingen.

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