Klima - Kiel:Opposition will Zehn-Milliarden-Euro-Transformationsfonds

Klima - Kiel: Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild
Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Mit einem milliardenschweren Fonds will die SPD die Klimaschutzziele in Schleswig-Holstein mit forciertem Tempo sozial gerecht erreichen und die Wirtschaft im Norden zukunftsfest machen. Den Finanzierungsbedarf bis 2030 schätzte Landtagsfraktionschef Thomas Losse-Müller am Montag auf 10,5 Milliarden Euro. Er plant eine einmalige Kreditermächtigung, aus der dann die Mittel nach Bedarf abgerufen werden. Da eine Notlage bestehe, seien die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben.

Darin enthalten sind Ausgaben für Mobilität (3,0 Milliarden), Wärmenetze und -erzeugung (2,4), die Sanierung von Liegenschaften (2,4), die industrielle Transformation inklusive Unternehmensansiedlungen (2,0) und Klimaanpassungen (0,5) besonders durch die Wiedervernässung von Mooren. Dies seien keine endgültigen Zahlen, aber eine Hausnummer, um die es gehe, sagte Losse-Müller. Der Landeshaushalt hat ein Volumen von rund 14 Milliarden Euro.

Soziale Gerechtigkeit und die Sicherung des Industriestandorts in der jetzt anstehenden Transformation erforderten außerordentlich hohe Investitionen von Land und Kommunen, die nicht durch laufende Haushalte gedeckt werden könnten, betonte Losse-Müller. Es gehe um die Erreichung von Klimazielen, die notwendig und gesetzlich vorgeschrieben seien.

Mit dem Ukraine-Krieg und den drastisch gestiegenen Energiepreisen sei der Handlungsbedarf sehr viel größer und kurzfristiger geworden, sagte Losse-Müller. In den nächsten zwei, drei Jahren müssten Entscheidungen für Energiesouveränität und Investitionen fallen, die 2030 wirksam würden. "Wir müssen unsere Anstrengungen mindestens verdoppeln", sagte der Oppositionsführer. Konkretisierte Vorschläge wolle die SPD nach weiteren Gesprächen mit Experten im nächsten Frühjahr in den Landtag einbringen.

Eine gerechte Transformation erfordere einen Perspektivwechsel von individuellen zu gemeinschaftlichen Anpassungsstrategien - also zum Beispiel weg von der Förderung von Wärmepumpen für begüterte Einzelhaushalte hin zu kommunalen Wärmenetzen für alle. Das Land müsse zusätzliche Finanzressourcen mobilisieren, forderte Losse-Müller. Eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung gebe Planungssicherheit und ermögliche Co-Finanzierungen von Bund und EU. Deren Mittel würden die tatsächliche Kreditaufnahme des Landes verringern. Er hoffe, dass am Ende noch drei bis fünf Milliarden Euro aus Landesmitteln stehen werden.

Eine Milliarde Euro für Investitionen vom Land könnten weit mehr, vielleicht 10 bis 15 Milliarden, an privaten Investitionen nach sich ziehen, sagte Losse-Müller. Eine - noch zu bildende - Landesinfrastrukturgesellschaft könne eigenständig Ressourcen für Investitionen in "grüne" Wirtschaft mobilisieren. Als Beispiel für mögliches privates Geld nannte der SPD-Fraktionschef Mittel von Versicherungen oder Pensionsfonds.

Mit Blick auf den erhofften Bau einer Batteriezellenfabrik für Elektroautos durch den schwedischen Konzern Northvolt an der Westküste sagte Losse-Müller, die Landesregierung müsse mehr Geld investieren, um den Standort zu sichern. Auch müsse sie Infrastrukturprojekte dafür jetzt umsetzen und finanziell absichern. Und jetzt müssten die Weichen dafür gestellt werden, die nächsten Ansiedlungen zu finanzieren und vorzubereiten. Zudem müsse man der chemischen Industrie im Land anbieten, die Wasserstofftransformation so schnell zu machen, dass sie gar nicht darüber diskutiere, den Standort - wegen der hohen Energiepreise - zu verlassen.

Das Echo aus der Landespolitik auf den SPD-Vorstoß blieb verhalten. Die schwarz-grüne Koalition arbeite mit aller Kraft daran, den Klimawandel zu stoppen, erklärte der CDU-Energiepolitiker Andreas Hein. Jeder Euro für Klimaschutz und erneuerbare Energien sei gut angelegtes Geld. "Aber einfach zehn Milliarden Euro für Schleswig-Holstein in den Raum zu stellen, nicht zu erklären, wo es herkommen oder finanziert werden soll und das dann als sozial gerecht verkaufen zu wollen, ist leider nur eine Schlagzeile."

© dpa-infocom, dpa:221128-99-694184/4

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