Morgens um kurz nach sechs Uhr prüft Irina das Thermometer vor dem Fenster. Die Temperatur liegt bei minus 50 Grad Celsius. Eine frohe Nachricht, ihr achtjähriger Sohn kann heute zur Schule gehen. Kältefrei haben die Kinder des 500-Einwohner-Dorfes Oimjakon in Jakutien erst, wenn die Temperatur minus 54 Grad unterschreitet. Irina geht in Alioschas Zimmer, um ihn aufzuwecken. Der erste Weg des Jungen führt aus dem Haus zum ungeheizten Plumpsklo im Garten. Schnell, schnell, im wohl kältesten dauerhaft bewohnten Ort der Welt bleibt im Winter niemand länger im Freien als unbedingt notwendig. Bevor Alioscha zur Schule aufbricht, packt seine Mutter ihn so dick und dicht wie möglich in Kleidung ein. Der Achtjährige muss zügig laufen, bloß nicht trödeln. Wenn hier die Kälte zubeißt, wird es schnell lebensgefährlich. Einen Kilometer stapft Alioscha querfeldein durch hohen, pulvrigen Schnee bis zu seiner Schule. Er ist allein unterwegs.
Entwicklungspsychologie:Lasst die Kinder frei!
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Spielen ohne Aufsicht: Warum es so wichtig ist, dass Kinder allein die Welt erkunden und dabei auch mal ein kleines Abenteuer erleben dürfen. Und was Experten Eltern raten.

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