Kanadische Seelöwen:Tod auf der Fischfarm

In Kanada wurden dieses Jahr bereits mehr als 100 verendete Seelöwen in den Netzen von Fischfarmen gefunden - vermutlich ist das nur die Spitze des Eisbergs.

Bernadette Calonego, Vancouver

Es war ein Schreckenstag für die Fischfarm Creative Salmon nahe Tofino an der Westküste von Vancouver Island. In einem der Netze, die Zuchtlachse vor Meerestieren schützen, entdeckten Taucher 51 tote Seelöwen - sie waren qualvoll ertrunken.

Kanadische Seelöwen: 15 Minuten können Seelöwen unter Wasser bleiben - dann ertrinken auch sie.

15 Minuten können Seelöwen unter Wasser bleiben - dann ertrinken auch sie.

(Foto: Foto: AFP)

Die Seelöwen hatten die drei Schichten Schutznetze um die im Pazifik verankerte Fischfarm durchgebissen, um an die Zuchtlachse zu gelangen. Sie fanden aber nicht mehr den Weg hinaus durch die Öffnungen.

Spencer Evans, der Manager von Creative Salmon, erstattete dem Fischereiministerium Bericht, das nun die Todesfälle untersucht. Seit Januar sind laut Evans in den Netzgehegen seiner Anlagen in der Provinz British Columbia bereits 110 Seelöwen verendet, weil sie sich nicht mehr befreien konnten, um auf der Meeresoberfläche Luft zu holen.

Die bis zu 400 Kilogramm schweren Tiere können rund 15 Minuten unter Wasser bleiben. Wie viele Meerestiere in den Netzgehegen von Fischfarmen verenden, weiß niemand. Denn erst seit dem Vorfall im Clayoquot Sound vom 12. April bittet das Fischereiministerium die Lachsfarmer, solche Todesfälle zu melden.

Meeresbiologin Alexandra Morton aus British Columbia glaubt, dass die 110 toten Seelöwen nur die Spitze des Eisbergs seien: "Leute erzählen mir, dass so etwas die ganze Zeit passiert." Es gibt rund 460 Aquakulturanlagen in British Columbia: Die kanadische Provinz ist nach Norwegen, Chile und Großbritannien der viertgrößte Produzent von Zuchtlachs.

Kanadische Fischfarmer können von den Behörden eine Abschussgenehmigung für wilde Tiere wie Robben, Seelöwen oder Bären erhalten, die versuchen, in ihre Anlagen einzudringen. Catherine Stewart von der Umweltorganisation Living Oceans Society sagt, man müsste Lachse in geschlossenen Tanks züchten. Dann wären keine Netze notwendig.

Kleinere Fischarten werden weltweit bereits in undurchdringbaren Becken gehalten, aber noch keine Lachse. Lachsfarmer halten diese Technologie für unwirtschaftlich. Aber Andrew Thomson, Direktor für Aquakultur im Fischereiministerium, sagt, in Kanada würden schon seit Jahren Versuche mit Zuchtlachsen in solchen Tanks durchgeführt. Es sei allerdings noch keine Entscheidung gefallen.

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