Kampf ums Wasser:Wie eine globale Krise verhindert werden kann

Kampf ums Wasser: Wasser ist an vielen Orten der Erde ein kostbares Gut.

Wasser ist an vielen Orten der Erde ein kostbares Gut.

(Foto: AFP)

Zu viel oder zu wenig, verschmutzt oder verschwendet: Wasser ist an vielen Orten des Globus ein Problem. Dabei könnte es selbst für die wachsende Weltbevölkerung reichen - würden die Menschen nur richtig mit dem Rohstoff umgehen.

Von Michael Bauchmüller und Marlene Weiß

Das Haus steht ganz unscheinbar am Stadtrand von Mafraq, nicht weit von der syrischen Grenze entfernt. An den Wänden hängen Klos, Waschbecken, Rohrleitungen. Mafraq, Jordanien, eine Ausbildungsstätte für Klempnerinnen. Das Land zählt schon heute zu den Staaten der Welt mit der größten Wasserknappheit, Millionen syrischer Flüchtlinge haben das Problem noch verschärft. Viele Dörfer und Städte in der Region bekommen nur einmal in der Woche Wasser, dann werden eilig Tanks und Kanister gefüllt. Wer den Wert des Wassers studieren will, der ist hier genau richtig.

Und wer die Probleme sehen will, auch. Knapp die Hälfte des wertvollen Guts versickert in Jordanien, etwa durch undichte Leitungen. "Water Wise Women" bildet die kleine Kooperative in Mafraq deshalb aus, wasser-weise Frauen. Weil ein männlicher Klempner nicht tagsüber in einer Wohnung arbeiten kann, in der sich der Herr des Hauses nicht aufhält, könnten die weisen Frauen in Jordanien einen großen Unterschied machen. 145 von ihnen gibt es mittlerweile, weitere werden ausgebildet - in dem kleinen Haus am Rand von Mafraq.

Es ist ein Ausschnitt nur aus dem globalen Problem mit dem Wasser. "Wasser ist ein Gemeinschaftsgut", sagt Prinz Hassan ibn Talal von Jordanien, Chef des UN-Wasserrats UNSGAB. "Wir müssen nur lernen, solche Gemeinschaftsgüter gemeinsam zu verwalten und zu nutzen." Doch gerade im Nahen Osten ist das heikel.

Andernorts verschlimmert der Klimawandel die Probleme, durch häufigere Starkregen, Dürren oder beides. Wieder anderswo macht der Mensch selbst die Ressource zunichte, sei es durch intensive Landwirtschaft oder die bequeme Entsorgung giftiger Produktionsabfälle. Beim Wasser tröpfelt die Katastrophe vor sich hin, nur ab und zu rückt sie ins Rampenlicht - etwa diesen Samstag, zum Weltwassertag.

Dabei hat sich beim Trinkwasser manches verbessert: Heute haben zwei Milliarden mehr Menschen Zugang zu sauberem Wasser als noch 1990 - auch wenn noch immer 700 Millionen Menschen ohne sauberes Wasser auskommen müssen. Aber Trinkwasser ist nur ein Bruchteil des Wassers, das Menschen zum Überleben brauchen. Und während die Weltbevölkerung auf neun Milliarden zusteuert, wird Wasser insgesamt immer knapper - wie auch ein zum Weltwassertag veröffentlichter Bericht der Vereinten Nationen zeigt.

Genug Wasser gäbe es, und anders als Kohle oder Öl befindet es sich in einem Kreislauf, geht also nicht verloren. Nur: 97 Prozent des Wassers ist salzig, vom Rest sind zwei Drittel in Gletschern und Polkappen eingefroren. Übrig bleibt weniger als ein Prozent, größtenteils Grundwasser - und wenn man davon mehr hochpumpt als nachfließt, dann fehlt es irgendwann dort, wo man es braucht.

Das Ogallala-Becken unter den Great Plains in den USA zum Beispiel: Nur dank diesem Grundwasserspeicher kann dort, wo einst Prärie war, heute intensive Landwirtschaft betrieben werden. In vier oder fünf Jahrzehnten könnte es versiegen. Wann genau, weiß keiner. Auch am oberen Ganges in Indien werden Grundwasserlager aufgebraucht. Von Jahr zu Jahr gehen die Bohrungen tiefer.

Der Bedarf an Wasser wächst stetig

Und der Bedarf wächst. Jedes Jahr, so heißt es im UN-Bericht, steige die Wassernutzung um etwa ein Prozent an; bis 2050 werde der weltweite Wasserbedarf um 55 Prozent zunehmen, dabei würden schon heute ein Fünftel der unterirdischen Speicher zu stark ausgebeutet, grob geschätzt. Mit Abstand das meiste Wasser verbraucht die Landwirtschaft, die immer mehr Menschen ernähren muss: Binnen hundert Jahren hat sich die weltweit bewässerte Landfläche mehr als verfünffacht.

Bewässerung: Für den Hydrologen Terje Tvedt von der Universität Bergen in Norwegen ist das eine der drei Revolutionen des vergangenen Jahrhunderts, die den Umgang mit Wasser komplett verändert haben. Die anderen beiden: Verbreitung der Industrie und Wachstum der Städte. Aber auch, wenn die Probleme sich klar verschärften: "Es gibt keine globale Wasser-Krise, das ist ein Missverständnis", sagt Tvedt. "Es gibt viele regionale Krisen." Dutzende dieser Krisenherde hat Tvedt in den vergangenen Jahren bereist.

Und jeder ist anders. In Deutschland zum Beispiel ist Wasser immer dann ein Problem, wenn es zu viel davon gibt. Flüsse sind eingeengt, das Land zugebaut, Regenwasser kann schlecht versickern; 2002 und 2013 gab es katastrophale Überflutungen. Und doch wird hierzulande mit einer Leidenschaft Wasser gespart, die einem Wüstenvolk Ehre machen würde - samt Spartaste an der Klospülung und besonders wassersparenden Spülmaschinen.

Paradox genug: Während in Jordanien die Water Wise Women Lecks auf die Spur gehen, schafft die Sparsamkeit hierzulande Probleme. In Berlin etwa hat sich der Wasserverbrauch seit 1989 fast halbiert, und das nicht nur wegen des Zusammenbruchs der Industrie im Ostteil der Stadt. Die Folge ist ein steigender Grundwasserspiegel. Naturschützer freut das, denn Feuchtgebiete in der Region werden wieder nasser. Besitzer von schlecht abgedichteten Häusern aber sind über Wasser im Keller weniger begeistert. Und Abwassersysteme müssen extra gespült werden - sonst stinkt es in der Stadt.

Doch in den meisten Weltgegenden regiert der Mangel. In Mafraq gibt es je Einwohner noch 50 Liter Wasser am Tag - verglichen mit gut 120 Litern im sparsamen Deutschland. Der Hydrologe Tvedt verlangt deshalb mehr technische Lösungen, etwa Entsalzungsanlagen für Meerwasser, oder Bewässerungssysteme, die jeder Pflanze nur das Nötigste spenden. "Im Wasser-Zyklus gibt es genug Wasser für alle", sagt er. Man muss nur richtig damit umgehen.

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