Kampf gegen die Erderwärmung:Klima der Unverbindlichkeiten

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56 Staaten haben beim UN-Klimasekretariat ihre Ziele im Kampf gegen die Erderwärmung eingereicht. Norwegen zeigt Ehrgeiz, andere ihre Fähigkeit zum Taktieren.

Die Ziele der wichtigsten Klimasünder im Kampf gegen die Erderwärmung sind jetzt amtlich - aber noch lange nicht verbindlich. Am Montagabend veröffentlichte das UN-Klimasekretariat in Bonn die Zusagen von 56 Staaten, die für 78 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Die Länder haben in den Dokumenten niedergelegt, was sie zwischen 2013 und 2020 zum Klimaschutz beitragen wollen.

"Größere Anstrengungen nötig": Die Klimaziele enttäuschen Umweltschützer. (Foto: Foto: dpa)

Damit stehen nun die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auch formal hinter der Übereinkunft des Klimagipfels von Kopenhagen, dem so genannten Copenhagen Accord. "Ich sehe diese Angebote als klares Willensbekenntnis, mit den Verhandlungen fortzufahren", erklärte Yvo de Boer, Chef des Klimasekretariats. Gleichwohl seien noch größere Anstrengungen nötig, um dem Klimawandel zu begegnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Angebote der Staaten. "Es ist gut, dass sich auf Basis der Kopenhagener Vereinbarung alle großen Emittenten zu Klimazielen oder konkreten Maßnahmen für den Klimaschutz bekannt haben", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. "Dies ist ein wichtiger Schritt." Nun müssten weitere Schritte folgen, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. "Jetzt kommt es darauf an, bei den Klimakonferenzen im Sommer in Bonn und Ende des Jahres in Mexiko auf ein umfassendes und verbindliches Übereinkommen hinzuarbeiten", sagte sie.

Die Staaten sollten bis zum 31. Januar nach Bonn melden, welche Ziele sie sich setzen, um die leeren Tabellen am Ende des Accords zu füllen. Unter den 36 Industriestaaten, die geantwortet haben, meldet Norwegen die ehrgeizigsten Ziele: Es will seinen Ausstoß an Treibhausgasen ohne weitere Bedingungen um 30 Prozent unter die Werte des Jahres 1990 senken. Machen andere Länder in einem globalen Abkommen mit, geht der skandinavische Staat auf 40 Prozent. Andere Staaten machen ähnliche Angebote. Die EU würde von 20 auf 30 Prozent erhöhen, Japan dann um 25 Prozent, Neuseeland um 20 Prozent.

Die Zahlen aus Australien, den USA und Kanada sind damit schwer zu vergleichen. Die Amerikaner bieten eine Reduktion des Ausstoßes um 17 Prozent unter die Werte von 2005 an, das entspricht wenigen Prozent unter dem Ausstoß von 1990. Die Regierung in Washington macht die Zusage von der Verabschiedung eines Gesetzes im Kongress abhängig. Kanada nennt das gleiche Ziel mit den gleichen Bedingungen, überlässt also seine Gesetzgebung dem US-Kongress. Australien schließlich sagt eine Reduktion von fünf bis 25 Prozent unter die Werte von 2000 zu.

Bei den Entwicklungsländern sind besonders die Zusagen von Brasilien, Indien und China interessant. Sie alle bieten Reduktionen unter die ihnen vorhergesagten Werte an: Bei China um 40 bis 45 Prozent, bei Brasilien um 36 bis 39 und bei Indien um 20 bis 25 Prozent. Ob das im Jahre 2020 tatsächlich zu einer Reduktion der Treibhausgase führt, hängt von der ökonomischen Entwicklung ab. Wächst zum Beispiel Chinas Wirtschaft wie bisher jährlich um mindestens acht Prozent, steigert sich sein Ausstoß bis 2020 tatsächlich um ein Fünftel.

Umweltschützer äußerten sich angesichts der Angebote enttäuscht. "Wir werden auf eine Welt zusteuern, die am Ende des Jahrhunderts um drei bis vier Grad wärmer sein wird, mit allen katastrophalen Folgen dieser Erderwärmung", sagte Martin Kaiser, Klimaexperte bei Greenpeace.

Dagegen sprach Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) von einem "wichtigen Schritt" für die internationalen Klimaverhandlungen. "Deutlich mehr Staaten, als in Kopenhagen die Vereinbarung ausgehandelt haben, haben Reduktionsziele mitgeteilt", sagte Röttgen in Berlin. Dadurch hätten die Ergebnisse der Klimakonferenz "politisch deutlich an Gewicht gewonnen".

Die Übereinkunft von Kopenhagen hatte eine kleine Gruppe von 28 Staats- und Regierungschefs ausgehandelt, obwohl weit mehr als 100 Regierungschefs anwesend waren. Im Plenum der Klimakonferenz fand der Beschluss allerdings nicht die nötige Einstimmigkeit, er wurde von der Konferenz lediglich "zur Kenntnis" genommen. Formal hat die Übereinkunft damit keine rechtliche Bedeutung.

© SZ vom 3.2.2010/miba/cris/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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