Mit der ewigen Ruhe des Kaisers ist es etwas kompliziert. Im Jahr 973 ist Otto I. aus dem Fürstengeschlecht der Liudolfinger, genannt „der Große“, im Alter von 60 Jahren gestorben. Wie seine geliebte Frau Editha liegt er heute im Magdeburger Dom begraben. Doch konsequent in Frieden ruhte Otto dort nicht.
Das haben jetzt Forscher festgestellt, als sie sein Grab öffneten – nicht aus freien Stücken, sondern weil sie mussten. 2024 war aufgefallen, dass Ottos Kalkstein-Sarkophag Risse bekommen hatte. Schuld daran waren wohl nicht zuletzt unsachgemäße Reparaturversuche aus dem Jahr 1844. Feuchtigkeit, Salze und die schwankenden Temperaturen im Dom gefährdeten den Sarkophag, den darin liegenden Holzsarg und alles, was sich in diesem befinde, erklärten die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt sowie das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Auch der Kirchenboden ist sanierungsbedürftig. Um die Schäden zu beheben, müssen die sterblichen Überreste Ottos entnommen werden. Im März hoben Fachleute die 300 Kilogramm schwere Marmorplatte vom Sarkophag, zuletzt entfernten sie auch den Deckel des Holzsargs.

Im Inneren fanden sie die außergewöhnlich gut erhaltenen Gebeine eines älteren Mannes, außerdem Reste von rotem und blauem, mit Rautenmuster verziertem Stoff. Dazu lagen Eierschalen im Grab. Das sei nicht unüblich, heißt es, Eier galten als Symbole für die Auferstehung von Jesus Christus.
Erstaunlich ist dagegen, was die Analyse des Sargs ergab. So wurde Ottos Sarg erst rund zwei Jahrhunderte nach seinem Tod gezimmert – offenbar erst, als der tote Kaiser in den nach 1207 neu errichteten Dom umgebettet wurde. Vorher habe er vermutlich nur in ein Tuch gewickelt im Steinsarkophag gelegen, sagt Harald Meller, Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt.
Fest steht: Der Kaiser braucht einen neuen Sarg
Am Sargdeckel und an den Wänden des Sarkophags finden sich zudem Ansatzspuren von Hebeln. Das Grab sei demnach etliche Male geöffnet worden, sagt der Mittelalter-Archäologe Donat Wehner vom Landesamt, einer der Projektleiter. Pflanzenresten im Grab zufolge müsse das Grab etwa im 16. Jahrhundert offen gewesen sein. Und irgendwann hat man dem toten Kaiser neue, kostbare Stoffe ins Grab gelegt und ihn auf ein Liegekissen gebettet.

In den kommenden Jahren sollen nun die Gebeine untersucht werden, um herauszufinden, wie der Mann gelebt hat, ob er an Krankheiten litt und wie er aussah. Ein DNA-Test soll zudem belegen, dass es sich um Otto handelt, wobei er daran kaum zweifle, sagt Harald Meller. Es passe alles: das Geschlecht, das Alter, die kostbaren Stoffe oder auch die Spuren an den Knochen vom langen Reiten – Könige ritten damals durchs Land. Der Mann sei zudem mit einer Größe von etwa 1,78 Metern stattlich gewesen, etwa zehn Zentimeter größer als der Durchschnitt, sagt Meller. In Zeiten, in denen die Autorität eines Herrschers von dessen Charisma abhing, sei das nicht unwichtig gewesen.
Und noch etwas steht bereits fest: Der bisherige Holzsarg ist hinüber. Die Feuchtigkeit hat ihn im unteren Bereich zersetzt, der Kaiser braucht also einen neuen Sarg. Man wolle das Grabmal aber nun so sanieren, sagt Meller, dass man es für die nächsten 1000 Jahre nicht noch einmal öffnen muss.