ISS:"Progress" im zweiten Anlauf angedockt

Der peinliche Vorbeiflug des russischen Rraumschiffs an der ISS zeigt: Solche Manöver 350 Kilometer über der Erde bei 28.000 Stundenkilometern sind noch lange keine Routine.

Das unbemannte russische Versorgungsraumschiff Progress 38 ist erfolgreich an die Internationale Raumstation ISS angedockt. Das teilte das Flugleitzentrum nahe Moskau mit. Progress habe am Sonntag um 18.17 Uhr (MESZ) am ISS-Modul Stern festgemacht.

Unbemannter Raumfrachter verfehlt ISS

Unbemannter Raumfrachter verfehlt ISS (FILE) The docked Soyuz 13 (TMA-9) (foreground) and Progress 22 resupply vehicle are featured in this image photographed by a STS-116 crewmember from a window on the International Space Station while Space Shuttle Discovery was docked with the station, 17 December 2006. An unmanned Russian cargo ship, Progress 38, failed to dock at the International Space Station (ISS) and veered out of control in what is believed to be a freak occurrence, NASA said 02 July 2010. The cargo ship flew past the space station and a NASA spokeswoman told CNN that engineers were still trying to determine what went wrong. She said there was no threat of impact and that all six crew members on board were safe. The cargo vessel, Progress 38, launched 30 June from Kazakhstan and was carrying 2.5 tons of food, clothes and equipment for the crew, Space.com reported. EPA/NASA / HANDOUT (ZU dpa 0763) +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

Ein erstes Manöver war am Freitagabend gescheitert, weil die Signale eines Überwachungsmonitors der ISS den Autopiloten der Progress gestört hatten. Daraufhin war der Transporter mit rund 2,6 Tonnen Lebensmitteln und Ausrüstung an Bord in etwa drei Kilometern an der ISS vorbeigeflogen.

An Bord der ISS, des Außenpostens der Menschheit in rund 350 Kilometern Höhe über der Erde, arbeiten derzeit drei russische Kosmonauten sowie drei US-Astronauten.

Die Nasa hatte gelassen auf die Panne während der Routinemission reagiert, obwohl sie zur Unzeit kommt: die USA sind bald auf russische Versorgungsschiffe für ihre Astronauten angewiesen.

Die amerikanischen Space Shuttles werden Anfang 2011 ausgemustert - bis in einigen Jahren ein Nachfolgemodell existiert, sind die russischen Sojus-Kapseln das einzige Transportmaterial auch für US-Astronauten. Moskau wollte die Notlage der als Partner bezeichneten Nasa zu Geld machen und die Transportgebühren gewaltig erhöhen. Zweifel an der russischen Technik dürfen deshalb erst gar nicht aufkommen.

Immerhin: Die drei russischen Kosmonauten sowie drei US-Astronauten seien nicht gefährdet gewesen, versuchte die US-Weltraumbehörde zu beruhigen. Auch der russische Partner, die Raumfahrtagentur Roskosmos, gab Entwarnung. Es handele sich keinesfalls um eine Notfallsituation, hatte Roskosmos-Vizechef Witali Dawydow erklärt.

Irritierend ist jedoch, wie die moderne Technik hier versagt hat: Der Autopilot setzte 25 Minuten vor dem Manöver plötzlich aus. Skworzow und seine Crew hatten keine Zeit, zu reagieren und den Transporter mit einem manuellen Manöver anzudocken. Eine "unkontrollierte Rotation" hatte der ISS-Kommandeur ausgemacht.

Der Technikfehler beweist zugleich: Solche Manöver sind noch lange keine Routine. 350 Kilometer über der Erde ist bei einem Tempo von 28 000 Stundenkilometern Millimeterarbeit gefragt. Doch fast jeder hat sich mittlerweile an erfolgreiche Missionen gewöhnt. Dass schön öfter Raumfahrer wegen Pannen ums Leben kamen, haben viele Beobachter verdrängt. Lieber schilderte die Weltraumbehörde, was die Raumfahrer so an Bord der ISS unternehmen. Roskosmos begnügte sich mit einer dürren 15-Zeilen-Meldung. Dem folgte Schweigen.

Dabei konnten die Erfolgsmeldungen in den vergangenen Wochen gar nicht laut genug verkündet werden. Der 100. Flug zur ISS ging problemlos über die Bühne! Erstmals gehören zwei Frauen zur Stammbesatzung auf dem Außenposten der Menschheit! Überdies kündigte US-Präsident Barack Obama an, trotz Sparzwängen an der bemannten Raumfahrt festzuhalten. Langziel: der Mars.

Aber nun werden die Fragen immer größer, denn die Panne am Freitagabend war nicht die erste. Erst Anfang Mai trat bei einem Schwesterschiff ein Navigationsfehler beim Andocken auf. Weil die Crew rasch handelte, ging alles glimpflich aus: Der damalige Kommandeur Oleg Kotow konnte das Versorgungsschiff manuell an die ISS andocken.

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