Süddeutsche Zeitung

Archäologie:Symbolträchtige antike Münze kehrt nach Israel zurück

Vor fast 2000 Jahren prägten Aufständische in der römischen Provinz Judäa eigene Münzen und erklärten sich damit für unabhängig. Eins der seltenen Geldstücke konnte nun nach langer Suche sichergestellt werden.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Wer rund um Jerusalem gräbt, und sei es nur im Garten, der muss immer mit archäologischen Funden rechnen. Der Boden ist voller Schätze, und oft genug verschwinden die wertvollen Stücke. Selten nur wird solch antikes Raubgut aufgespürt, und noch seltener tritt der Fall ein, der nun in Israel für Aufsehen und Begeisterung sorgt: Eine fast 2000 Jahre alte, silberne Viertel-Schekel-Münze aus der Zeit des Jüdischen Aufstands gegen die Römer (66 bis 73 nach Christus) wird von den USA aus zurück nach Israel gegeben. Der materielle Wert wird mit rund einer Million Euro beziffert. Doch ungleich höher noch schätzt man den kulturellen, religiösen und politischen Wert der Münze ein.

Hinter dieser Erfolgsmeldung steckt eine 20 Jahre lange Münz-Jagd über verschiedene Länder und Kontinente, die tief hinein führt ins Dickicht des internationalen Antiquitätenschmuggels. Den nun von der Israelischen Altertumsbehörde (IAA) veröffentlichten Informationen zufolge war die äußerst seltene Silbermünze anno 2002 von palästinensischen Raubgräbern im Elah-Tal südwestlich von Jerusalem gefunden und außer Landes geschmuggelt worden. Die Spur führt über Jordanien nach Großbritannien, wo die Münze mit falschen Herkunftspapieren versehen und 2017 zu einer Auktion in die USA, nach Denver geschickt wurde.

Dort jedoch wurde sie nicht wie geplant gewinnbringend verkauft, sondern nach einer länderübergreifenden kriminalistischen Kooperation beschlagnahmt. Nach mehrjährigem gerichtlichen Gezerre konnte die Münze schließlich zu Beginn dieser Woche in einer offiziellen Zeremonie im Büro des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan an israelische Vertreter übergeben werden. Eingefunden hatten sich dort unter anderem Israels UN-Botschafter Gilad Erdan, der das antike Fundstück "als Beweis für die ewige Verbindung zwischen dem jüdischen Volk und dem Land Israel" pries. Israels Feinde, die eine solche Verbindung leugneten, würden damit Lügen gestraft.

Geprägt worden war die Münze in einer dunklen Zeit der jüdischen Geschichte: in einem erbitterten Krieg mit den römischen Herrschern, der bis zu eine Million Tote gefordert haben soll. Bei der Niederschlagung des jüdischen Aufstands war 70 nach Christus auch der Tempel in Jerusalem zerstört worden. Beendet war das Blutvergießen erst mit dem bis heute mythologisch überhöhten Massensuizid der letzten jüdischen Rebellen in Masada.

Die von den römischen Herrschern nicht erlaubte Münzprägung wird als zugleich selbstbewusster und subversiver Akt der jüdischen Aufständischen gewertet. Denn diese Münze sei weit mehr als ein Zahlungsmittel gewesen, heißt es in einer Erklärung der IAA. "In Wirklichkeit war sie eine Unabhängigkeitserklärung der Juden im Land Israel." Bei der Herstellung wurde eine ursprünglich römische Silbermünze so bearbeitet, dass sie Symbole der jüdischen Rebellen trug. In diesem Fall sind das drei Palmblätter auf der Vorder- und die Zahl 4 auf der Rückseite, die für das vierte Jahr des Aufstands, also das Jahr 69 nach Christus steht.

Nur vier bis fünf solcher silbernen Viertel-Schekel-Münzen sind laut IAA bislang gefunden worden, keine davon bei offiziellen Ausgrabungen. Eine wurde in den 1930er-Jahren vom British Museum erworben, zwei oder drei andere sollen in privater Sammlerhand sein. Eine aber kommt nun zurück nach Israel. IAA-Direktor Eli Eskosido preist das als "historische Errungenschaft". Dies sei "der Beginn eines positiven und wichtigen Trends zur Rückgabe wertvoller Kulturgüter".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5657190
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/wet
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.