Interview mit einem Astronauten:Üben für den Weltraum

Der Deutsche Alexander Gerst wird gerade zum Astronauten ausgebildet. Dazu gehört auch, zu lernen, wie man die Toiletten einer Raumstation repariert. Besonders freut Gerst sich darauf, die Erde einmal von ganz weit weg zu sehen.

Martin Zips

Alexander Gerst soll als nächster deutscher Astronaut der Esa, der Europäischen Weltraumbehörde, zur internationalen Raumstation ISS fliegen. Er ist 34 Jahre alt und hat gerade seine Grundausbildung im Europäischen Astronautenzentrum in Köln abgeschlossen.

Alexander Gerst Astronaut Esa

Alexander Gerst auf einem ungewöhnlichen Laufband. Simulationen der Schwerkraft sollen zukünftige Astronauten an die Verhältnisse im Weltraum gewöhnen.

(Foto: Esa)

SZ: Viele Kinder träumen davon, Astronaut zu werden. Sie werden gerade dazu ausgebildet. Wie haben Sie das geschafft?

Gerst: Die Arbeit von Astronauten hat mich immer fasziniert. Mein Großvater hat mir als Kind Zeitungsausschnitte mit Berichten über die erste Mondlandung 1969 gezeigt. Später hatte ich ein kleines Space-Shuttle-Modell und habe mir gebannt jeden Start dieser Raumfähre im Fernsehen angesehen. Ich hatte diesen Traum, Astronaut zu werden, und wollte diesem Traum auch eine Chance geben. Deshalb habe ich mich später tatsächlich für die Ausbildung beworben.

SZ: Sie haben sich gegen 8413 Bewerber durchgesetzt. Wann fliegen Sie los?

Gerst: Das ist noch nicht klar. Jetzt lerne ich ja erst einmal alles, was man dafür wissen muss. Gerade war ich zwei Monate in Russland, wo man mich unterrichtete, wie alles auf der Raumstation ISS funktioniert. Die Computer, die Knöpfe und Geräte. Ich weiß jetzt zum Beispiel, wie man dort Sauerstoff erzeugt oder die Toilette repariert, wenn sie mal kaputt geht. Und bald werde ich im Astronautenanzug in einem Wasserbecken Weltraumspaziergänge üben. Unter Wasser kann man sich ähnlich frei bewegen wie in der Schwerelosigkeit. Aber jetzt muss ich erst einmal richtig Russisch lernen.

SZ: Toilette reparieren, Schwimmen gehen, Russisch lernen. Was sonst empfehlen Sie heranwachsenden Astronauten?

Gerst: In der Schule gut aufzupassen! Außerdem haben mir oft die Erfahrungen geholfen, die ich mit anderen zusammen in einer Jugendgruppe gemacht habe. Dort habe ich gemerkt, dass man in der Natur, zum Beispiel bei Nachtwanderungen, keine Angst zu haben braucht. Außerdem hatte ich mit sechs Jahren schon mein erstes Taschenmesser. Darauf war ich mächtig stolz.

SZ: Dann müssen Sie ja ziemlich coole Eltern gehabt haben.

Gerst: Meine Eltern haben mir schon früh sehr viel Verantwortung übergeben. Und sie haben mich immer unterstützt. Das Vertrauen, das meine Eltern immer in mich gesetzt haben, hat mir ungeheuer Kraft gegeben.

SZ: Und warum wollen Sie nun unbedingt in den Weltraum?

Gerst: Es ist sicher eine großartige Erfahrung, die Erde einmal von so weit oben zu sehen. Ich glaube, dass man da eine komplett neue Perspektive auf das Leben bekommt. Es ist doch irrsinnig, dass wir Menschen uns auf unserem kleinen Raumschiff nur bekämpfen und die hauchdünne Atmosphäre zerstören, die uns am Leben hält.

SZ: Es gibt auch Menschen, die sagen, dass Raumfahrt ziemlich teuer ist und nicht viel bringt. Was antworten Sie?

Gerst: Wir in Europa bezahlen zirka zehn Euro pro Person im Jahr für die Raumfahrt, so viel wie für eine Pizza. Dafür bekommen wir Satellitennavigation, Wettervorhersagen, Satellitenfernsehen. Die bemannte Raumfahrt kostet zusätzlich noch einen Euro pro Person und Jahr.

Unsere Experimente bringen allen was. Zum Beispiel profitieren knochenkranke Menschen, weil wir in der Schwerelosigkeit Knochenschwund genau untersuchen können. Am wichtigsten finde ich, dass verschiedene Nationen zusammen und nicht gegeneinander arbeiten und sich über die Zukunft der Menschheit Gedanken machen. Von so einer Raumstation wie der ISS werden wir auch eines Tages zum Mars aufbrechen.

Die Zukunft ist Thema der nächsten Süddeutschen Zeitung für Kinder, die am Mittwoch, 15. Dezember, erscheint und sich wieder an Acht- bis Zwölfjährige wendet. Sind Weltuntergangsszenarien nützlich? Werden wir Urlaub auf dem Mond machen? Wie ist das mit dem Klimawandel? Wie bereiten sich Tiere auf kalte Zeiten und Nachwuchs vor? Das sind Fragen, die SZ-Autoren beleuchten. Die 24-seitige Beilage zur Süddeutschen Zeitung enthält informative und unterhaltsame Beiträge aus den Bereichen Politik, Kultur, Wissen, Wirtschaft und Sport.

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