Süddeutsche Zeitung

Intelligenzforschung:Schlaue Eltern, schlaue Kinder?

  • Für eine Studie zur Vererbung von Intelligenz wurden Brüder untersucht, von denen einer bei den leiblichen Eltern aufwuchs, während der andere adoptiert wurde.
  • Ein Ergebnis: Das Bildungsniveau der Eltern hat Einfluss auf die Intelligenz der Kinder - allerdings weniger als erwartet.
  • Die Studie zeigte aber auch, dass viele Umweltfaktoren eine Rolle spielen können. Möglicherweise auch das, was die Kinder erlebt haben, bevor sie adoptiert wurden.

Von Tina Baier

Wie intelligent ein Mensch ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab - längst nicht alle sind bekannt. Klar ist, dass die Gene eine Rolle spielen. Die meisten Intelligenzforscher gehen davon aus, dass der Erblichkeitsgrad bei etwa 50 Prozent liegt. Ob ein Mensch seine angeborenen Möglichkeiten auch ausnutzen kann, hängt dann von der Umgebung ab, in der er aufwächst. Das hat nun ein Forscherteam der Universität Virginia in einer Untersuchung erneut nachgewiesen.

Für die Studie wurden Brüder untersucht, von denen einer bei den leiblichen Eltern aufwuchs, während der andere adoptiert wurde (PNAS, online). Die Wissenschaftler konnten unter anderem zeigen, dass das Bildungsniveau der Eltern Einfluss auf die Intelligenz der Kinder hat; allerdings weniger als erwartet.

Die Intelligenzforscher untersuchten 436 Brüderpaare, die zwischen 1955 und 1990 in Schweden zur Welt gekommen waren. Jeweils einer der Jungen wurde als Kleinkind von einer anderen Familie adoptiert, der andere lebte mindestens zehn Jahre bei seinen leiblichen Eltern.

Als Maßstab für die Intelligenz verwendeten die Forscher den IQ, der im Alter zwischen 18 und 20 Jahren beim Eignungstest für das Militär bestimmt wurde. Im Schnitt lag der Intelligenzquotient der adoptierten Männer leicht über dem der Brüder, die bei den leiblichen Eltern gelebt hatten. Dazu passte, dass die Adoptiveltern im Schnitt ein höheres Bildungsniveau hatten als die leiblichen Eltern. In einem Extremfall lag der Intelligenzquotient des adoptierten Jungen 7,6 Punkte über dem seines Bruders.

Dass die Bildung der Eltern Einfluss auf die Intelligenz der Kinder hat, zeigte auch ein anderes Extrembeispiel: Der Intelligenzquotient eines Jungen, der von Eltern adoptiert worden war, deren Bildungsniveau deutlich unter dem der leiblichen Eltern lag, war um 3,8 Punkte niedriger als der seines Bruders. Trotz solcher Zusammenhänge zeigte die Studie aber auch, dass die Unterschiede im Bildungsniveau von Eltern und Erziehenden die Abweichungen beim IQ der Brüder allein nicht erklären können. Dabei spielen noch viele andere Umweltfaktoren eine Rolle, vermuten die Forscher; möglicherweise auch das, was die Kinder erlebt haben, bevor sie adoptiert wurden.

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Quelle:
SZ vom 25.03.2015
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