Initiativen gegen die Vermüllung der Ozeane:Das große Reinemachen

Los Angeles kids form massive message to say 'Defend the Sea' on Adopt-A-Beach Clean-Up day

Clean-Up day in Los Angeles: Einwohner formen den Schriftzug: Defend the Sea als Zeichen gegen die Verschmutzung des Meeres. 

(Foto: Reuters)

Auf jedem Quadratkilometer Ozean treiben 13.000 Plastikteile. Tiere vom Sturmvogel bis zur Robbe verenden daran. Organisationen auf der ganzen Welt kämpfen gegen den Müll.

Von Christopher Schrader

Der Kampf gegen die Vermüllung der Meere hat begonnen. Deutsche Fischer, türkische Seeleute und spanische Trawlercrews holen Müll aus dem Ozean; Freiwillige säubern Strände. "Vieles kann man nicht aufsammeln, aber einiges schon", sagt EU-Umweltkommissar Janez Potocnik und regt einen europäischen Clean-up-Day an, wie es ihn in seiner Heimat Slowenien gegeben habe.

15 Müll-Boote laufen zum Beispiel frühmorgens am Bosporus aus. An sechs Tagen der Woche fahren sie durch die Meerenge, erzählt Songül Yavuz von der türkischen Stiftung für Meeresforschung. Immer wieder senken sie hydraulisch betriebene Netze ins Wasser und holen rund 750 Kilogramm Abfall pro Boot und Tag aus dem Meer. So weit sind die Ostsee-Fischer der Initiative "Fishing for Litter" noch nicht: Sie haben in 20 Monaten zwei Tonnen gesammelt. Die Fischer stopfen den Müll, den sie unweigerlich mit dem Fang in den Netzen haben, in spezielle Säcke, die ihnen Naturschutzbund und das Duale System Deutschland zur Verfügung stellen.

Fischer im spanischen Galizien haben bei einer ähnlichen Aktion in zwei Jahren 34 Tonnen Abfall aus dem Wasser gefischt, schottische Kollegen in vier Jahren 240 Tonnen. Die größte Reinemach-Aktion dieser Art stellt aber die amerikanische Umweltgruppe Ocean Conservancy auf die Beine. Im Jahr 2011 haben 600.000 Freiwillige aus 88 Ländern mehr als 4000 Tonnen von 33.000 Kilometern Strand gesammelt.

Doch auch diese Mengen verblassen gegen die Gesamtmasse des Mülls in den Weltmeeren, die auf 142 Millionen Tonnen Abfall geschätzt wird. Das meiste davon ist Plastik, das sich kaum zersetzt. Nach Angaben des Umweltprogramms der UN treiben auf jedem Quadratkilometer Ozean 13.000 Plastikteile. Tiere vom Sturmvogel bis zur Robbe verenden daran. "Das meiste kann man nicht mehr einsammeln, da hilft nur Vermeidung", sagt Stefanie Werner vom Umweltbundesamt, die vergangene Woche eine internationale Konferenz zu dem Thema in Berlin mitorganisiert hat.

"80 Prozent des Abfalls im Ozean kommen von Land", sagt Werner. "Die Teile werden unter anderem über Flüsse, Freizeitaktivitäten oder, wie insbesondere im Mittelmeerraum, von küstennahen Deponien durch Wind und Regen ins Meer getragen."

Plastikmüll macht weite Reisen, hat der Künstler Gerhard Bär beobachtet, der am Rande der Konferenz Lichtobjekte aus gesammeltem Kunststoffabfall zeigte: "Ich habe in Tibet Flussläufe gesehen, die voller Plastikmüll lagen." Irgendwann lande das Zeug im Ozean. Der irische Umweltminister Fergus O'Dowd erzählt, wie die Landschaft seiner Insel voll verwehter Plastiktüten hing, bevor das Land 2002 eine Zwangsabgabe auf die Beutel einführte. Die Steuer von 22 Cent habe auch dazu geführt, dass deutlich weniger Plastiktüten an irischen Stränden enden, bestätigt Thomas Doyle vom University College Cork.

Auch die neueste Variante des Kunststoffmülls ist wohl nur durch Vermeidung zu bekämpfen. Die Teilnehmer der Berliner Konferenz sprachen sich per Unterschriftenliste für ein Verbot von Mikropartikeln aus Plastik aus, die zum Beispiel Zahnpasten und Peelingcremes beigemengt werden. Weil Kläranlagen die Kügelchen nicht aufhalten, gelangen sie durch die Kanalisation ins Gewässer und ins Meer. Zwei niederländische Umweltgruppen hatten darum vor Weihnachten 2012 auf Twitter eine Kampagne gegen den Unilever-Konzern organisiert. Kurz danach versprach das Management, von 2015 an auf Plastikpartikel zu verzichten.

Damit Schiffsbesatzungen ihren Müll nicht über Bord kippen, hat die Konferenz zudem auf das Beispiel der Helsinki-Konvention verwiesen. Darin haben sich die Ostseehäfen geeinigt, von jedem Schiff pauschale Müllgebühren zu verlangen. Dann ist es für keine Besatzung mehr billiger, ihren Abfall unterwegs über Bord zu werfen.

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