Süddeutsche Zeitung

Influenza:Neuartige Grippeviren befallen Seehunde

Vogel, Schwein und jetzt Robbe - US-Forscher haben einen Grippevirus in Seehunden entdeckt, dessen Varianten ganz unterschiedliche Arten befallen können. Sie befürchten, der Erreger könnte auch eine Gefahr für den Menschen darstellen.

Thomas Wagner-Nagy

Erst Vogel, dann Schwein - und nun trifft es die Seehunde. Forscher mehrerer Universitäten in den USA haben einen neuen Stamm des Grippevirus in Seehunden gefunden.

Wie sie am heutigen Dienstag im Fachjournal der American Society for Microbiology mBio schreiben, sei der Erreger ein Risiko für wild lebende Tiere und könnte möglicherweise auch für den Menschen ansteckend sein. Das Virus mit dem Namen H3N8 stellt eine neue Gruppe von Influenza-Viren dar, die widerstandsfähig genug sein könnten, um sich zwischen verschiedenen Spezies auszubreiten.

"Unsere Sorge ist, dass wir es hier mit einem neuen, unter Säugetieren übertragbaren Virus zu tun haben, dem Menschen bislang noch nicht ausgesetzt waren. Krankheitserreger mit dieser Kombination haben wir noch nicht beobachtet", sagt Studienleiterin Anne Moscona vom Weill Cornell Medical College in New York.

Entdeckt wurde der Erreger im Zusammenhang mit einem Massensterben von 162 Seehunden im Nordosten der USA. Autopsien von fünf verendeten Tieren ergaben, dass sie am H3N8-Virus gestorben waren, das eng mit einem Grippestamm verwandt ist, der seit 2002 bei nordamerikanischen Vögeln beobachtet wird.

Der neue Stamm in Seehunden sei jedoch durch Mutationen in höherem Maße ansteckend für andere Säugetiere. Der Erreger könne einen Rezeptor befallen, der sich beim Menschen in den Atemwegen befindet, schreiben die Forscher und mahnen zur genauen Beobachtung seiner Entwicklung.

"Bisher hatte man die Möglichkeit kaum in Betracht gezogen, dass ein Vogelgrippevirus auch Seehunde befallen kann. Dies zeigt, dass Grippe-Pandemien auch aus unerwarteten Quellen hervorgehen können", sagt Moscona. Diese Risiken müsse man im Blick behalten, um bei Bedarf angemessen reagieren zu können.

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Quelle:
SZ vom 31.07.2012/mcs
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