Süddeutsche Zeitung

Infektionen:Kurze Lunte

Wenn Kinder in frühen Jahren besonders häufig krank werden, hinterlassen diese Infektionen offenbar Spuren an den Chromosomen.

Von Werner Bartens

An den Zellen kann man es erkennen. Wer als Kind oft krank war, trägt an seinen Chromosomenenden die Anzeichen für eine frühzeitige Zellalterung. Je kürzer die als Telomere bezeichneten Endkappen der Chromosomen sind, desto mehr Infektionen fanden in den ersten Lebensmonaten statt. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um Daniel Eisenberg von der University of Washington in Seattle im American Journal of Human Biology (online). Der Anthropologe hatte Blutproben von mehr als 1700 jungen Erwachsenen untersucht, deren Mütter detailliert Auskunft über die Krankheiten ihrer Kinder gegeben hatten, als diese noch Babys waren. Dabei zeigte sich, dass jene Kinder, die im Alter zwischen sechs und zwölf Monaten am häufigsten unter Durchfall und anderen Infektionskrankheiten litten, auch die kürzesten Telomere hatten. Die Chromosomenkappen gelten als "Zündschnur des Lebens". Mit jeder Zellteilung können sie kürzer werden. Verkümmern sie, teilt sich die Zelle nicht weiter oder stirbt. "Unsere Befunde sind überraschend, denn bisher galten verkürzte Telomere als Hinweis auf drohende Krankheiten im Alter oder eine geringere Lebenserwartung", sagt Eisenberg. "Jetzt zeigt sich, dass entweder frühe Infektionen die Telomere verkürzen - oder dass kürzere Telomere bei der Geburt anfällig für Krankheiten machen."

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Quelle:
SZ vom 26.01.2017
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