Impfstoff gegen Aids:Der unerlässliche Weckruf

Seit 25 Jahren suchen Forscher nach einem Impfstoff, doch noch immer infizieren sich täglich weltweit 7500 Menschen mit dem HI-Virus. Etwas haben die Forscher aus den gescheiterten Studien aber gelernt.

Katrin Blawat

Das HI-Virus war gerade entdeckt worden, da verkündete die damalige amerikanische Gesundheitsministerin Margaret Heckler, in zwei Jahren werde eine Impfung zur Verfügung stehen.

Impfstoff gegen Aids: In this Feb. 19, 2005 photo released by the Thai Public Health Ministry on Sept. 24, 2009, a lab technician working with the HIV Vaccine Trial Phrase Project in Thailand, holds up a vial to check information and the manufactured date printed on the AIDS vaccine vials, at the Armed Forces Institute of Medical Science, in Bangkok, Thailand. Researchers in Thailand reported for the first time, an experimental vaccine has prevented infection with the AIDS virus, a watershed event in the deadly epidemic and a surprising result. The vaccine cut the risk of becoming infected with HIV by more than 31 percent in the world's largest AIDS vaccine trial of more than 16,000 volunteers in Thailand, researchers announced Thursday, Sept. 24, 2009, in Bangkok.(AP Photo/Thai Public Health Ministry)

In this Feb. 19, 2005 photo released by the Thai Public Health Ministry on Sept. 24, 2009, a lab technician working with the HIV Vaccine Trial Phrase Project in Thailand, holds up a vial to check information and the manufactured date printed on the AIDS vaccine vials, at the Armed Forces Institute of Medical Science, in Bangkok, Thailand. Researchers in Thailand reported for the first time, an experimental vaccine has prevented infection with the AIDS virus, a watershed event in the deadly epidemic and a surprising result. The vaccine cut the risk of becoming infected with HIV by more than 31 percent in the world's largest AIDS vaccine trial of more than 16,000 volunteers in Thailand, researchers announced Thursday, Sept. 24, 2009, in Bangkok.(AP Photo/Thai Public Health Ministry)

(Foto: Foto: AP)

25 Jahre ist diese Prophezeiung nun alt, bewahrheitet hat sie sich noch immer nicht. Noch immer infizieren sich täglich weltweit 7500 Menschen, 25 Millionen sind bislang an der durch das Virus verursachten Immunschwäche Aids gestorben. Zwar gab es in den letzten Jahren hoffnungsfrohe Botschaften aus Laboren in aller Welt, man habe wieder einen neuen Ansatzpunkt gefunden, der zur Entwicklung eines Impfstoffs dienen könnte.

Doch die Erfahrungen mit klinischen Tests, also mit Studien an Menschen, sind gering und waren bislang enttäuschend. Für Impfstoffe gilt wie für alle Medikamente ein dreistufiges Testverfahren. Erst in der letzten Phase zeigt sich, ob ein Vakzin auch unter normalen Lebensumständen schützt. Vor der Studie in Thailand hatten es weltweit nur zwei HIV-Impfstoffe in die letzte Phase geschafft - beide haben sie nicht bestanden.

Nur Spekulationen

Vor zwei Jahren testete der Pharmakonzern MSD einen Impfstoff, der vorher in allen Labor- und Tierversuchen bestens abgeschnitten hatte. In der Studie mit 3000 Teilnehmern zeigte sich dann aber, dass einige der geimpften Personen sogar anfälliger für eine HIV-Infektion waren als die Ungeimpften. "Über die Gründe kann man nur spekulieren", sagt Hans Wolf von der Universität Regensburg. Die Studie wurde abgebrochen.

Drei Jahre zuvor hatte sich ein anderer Impfstoff, der auch Teil des neuen Vakzins ist, das jetzt in Thailand getestet wurde, als wirkungslos erwiesen. Das Medikament wurde Drogenabhängigen und Homosexuellen gegeben. Die Wirkung der Vakzine in diesen Hochrisiko-Gruppen zu untersuchen ist wichtig, weil man erst dann verlässlich sagen kann, ob die Impfung auch außerhalb der Studien erfolgreich sein wird.

Doch gelernt haben die Forscher etwas aus den gescheiterten Studien. Das Vakzin schützte nicht, weil es vom Immunsystem gar nicht bemerkt wurde, der körpereigene Schutzmechanismus wurde also nicht angekurbelt. Möglicherweise war dies auch bei vielen früheren Impfstoffen der Grund, warum sie schon nach den ersten Tests im Labor versagten.

Seitdem wissen die Forscher jedoch, dass sie HIV-Impfstoffe mit einem Zusatz kombinieren müssen, der "wie ein Weckruf für das Immunsystem funktioniert", wie Wolf sagt. Er selbst hat nach diesem Prinzip einen HIV-Impfstoff entwickelt, den er nun an Probanden in China und Afrika testen könnte - wenn er das Geld dafür bewilligt bekäme.

Seit einem Vierteljahrhundert kämpfen die Impfstoffentwickler jedoch mit einer weiteren Tücke des HIV: Immer wieder ändert es seine äußeren Merkmale, wie ein Mensch, der sich an einem Tag einen Bart anklebt, am anderen eine Brille trägt und dann plötzlich eine Perücke mit langen Haaren. Ähnliches kennt man zwar auch vom Grippevirus, für das jedes Jahr der Impfstoff etwas verändert werden muss.

Im Falle des HIV können Forscher aber gar nicht so schnell arbeiten, wie es sich verändert. "Das ist Hochgeschwindigkeits-Evolution", sagt Philip Goulder von der Universität Oxford. Das führt auch dazu, dass sich in verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Virusstämme bilden. Daher können Impfstoffe, die in Thailand wirksam sind, in Afrika nutzlos sein.

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