Hygienisch einwandfrei:Blick in die Verpackung

Bis zu zehn Prozent aller Patienten infizieren sich im Krankenhaus mit Keimen. Nun soll eine neue Methode zeigen, wie steril Operationsbesteck tatsächlich ist.

Katrin Blawat

Die Umgebung wirkt steril, und doch infizieren sich vier bis zehn Prozent aller Patienten im Krankenhaus mit Keimen; auf den Intensivstationen trifft es gar jeden Vierten. Lungen- und Harnwegsentzündungen, Blutvergiftung und Wundinfektionen sind die Folge.

Hygienisch einwandfrei: Blick in einen Operationssaal in Singapur.

Blick in einen Operationssaal in Singapur.

(Foto: Foto: Reuters)

Um diese Zahlen zu reduzieren, setzt Hartmut Dunkelberg von der Universität Göttingen vorn an in der Kette der möglichen Infektionsquellen.

Der Leiter des Hygiene-Instituts hat ein Verfahren entwickelt, um Verpackungen von medizinischem Besteck zu überprüfen: Material, das steril sein sollte - es aber nicht immer ist.

Bei der von Dunkelberg entwickelten Methode steht eine Testeinheit im Mittelpunkt: Kulturschalen mit einer Nährlösung, die so verpackt wird wie das sterile Material.

Für den Dichtigkeits-Test muss man die Testeinheit aufbrechen und damit aktivieren. Die Idee: Die Testeinheit stellt quasi das Double des Sterilguts dar. Wird beides gleich lange und unter gleichen Bedingungen gelagert, dürfte auch beides gleich anfällig für Mikroorganismen sein.

Um das herauszufinden, werden die Kulturschalen zugeschweißt und sterilisiert wie Spritzen und Skalpelle.

Dann besprühen die Göttinger die Verpackungen von außen mit einem Wasser-Gemisch, dem sie zuvor Mikroorganismen zugefügt haben. Wenn daraufhin in den Kulturschalen, die drei Jahre lang neben einem Skalpell lagern, Bakterien und Pilze wachsen, sollte das Skalpell statt in den OP-Saal in den Mülleimer kommen.

"In Arztpraxen und Krankenhäusern sollte man so einen Test alle paar Jahre machen, um zu überprüfen, wie verlässlich die Angaben des Herstellers sind", empfiehlt Dunkelberg. Zwar testet man Verpackungsmaterial auch jetzt schon routinemäßig auf seine "Barriereeigenschaften".

Doch an der bisherigen Praxis lässt Dunkelberg nichts Gutes. "Wenn man die Verpackung öffnet und Mikroorganismen findet, weiß man nie, ob die Probe auf dem Weg ins Labor verseucht wurde. Da kann man noch so sauber arbeiten, verhindern lässt es sich nicht."

Bärbel Christiansen vom Robert-Koch-Institut findet die Idee dagegen etwas befremdlich. "Die Überwachung der Sterilität ist Sache der Hersteller", sagt sie. "So einen Test im Krankenhaus noch einmal zu machen, ist überflüssig."

"Recht des Patienten"

Zudem sei fraglich, ob die Ergebnisse aussagekräftig genug seien.

Dunkelberg betont, dass sein Verfahren erstmals erlaube, wirklich zu sagen, ob die EU-Vorgaben eingehalten werden. Denn die schreiben vor, dass Mikroorganismen das Sterilisieren nur mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million überleben dürfen.

"Als Patient habe ich ein Recht darauf, dass dieser Standard erfüllt wird", sagt Dunkelberg.

Weitere Anwendungen hat der Göttinger im Blick: Das Prinzip lässt sich auch auf Container anwenden, in denen Operationsbesteck sterilisiert wird. "Wir haben in den Krankenhäusern Container gefunden, die 25 Jahre alt sind", sagt Dunkelberg.

Doch obwohl er glaubt, dass sich durch den neuen Test ein Teil der Krankenhaus-Infektionen vermeiden lässt, mahnt er zur Zurückhaltung beim Griff zum Skalpell. "Ein Infektionsrisiko bleibt immer."

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