Die Sonne scheint, Freunde sind eingeladen, der Grill ist schon aufgebaut, man freut sich auf einen schönen Abend und gutes Essen. Bei dem, was auf dem Grill liegt, haben sich in den letzten Jahren kreative Kochbuchautoren in alle Richtungen ausgelassen. Weniger Alternativen gibt es bei dem, was unter den Rost kommt. Holzkohle ist hier der Brennstoff der Wahl, oft aus dem Baumarkt, manchmal von der Tankstelle oder aus dem Supermarkt. Doch wo kommt sie ursprünglich her, unsere Holzkohle?
Auch wenn der Gedanke den geselligen Grillabend eher stört: Jedes schwarz glänzende, leichte Stückchen, das in den Grill geschüttet wird, war einmal Teil eines Baums. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er weit entfernt vom heimischen Grill gewachsen ist. Einzig die Firma ProFagus im niedersächsischen Bodenfelde produziert in industriellem Maßstab Kohle aus deutschem Holz. Pro Jahr nach eigenen Angaben etwa 30 000 Tonnen. Nach Deutschland importiert wurden dagegen im Jahr 2014 mehr als 215 000 Tonnen Holzkohle. Das wichtigste Ursprungsland ist Polen mit rund 62 000 Tonnen, doch mehr als ein Drittel der eingeführten Holzkohle stammt aus Übersee. Paraguay steht in der Statistik mit 37 000 Tonnen direkt hinter Polen, an dritter Stelle folgt Nigeria mit 24 000 Tonnen.
Illegal geschlagenes Holz wird häufig zu Holzkohle
Dass also in vielen Kohlesäcken tropische Hölzer zu finden sind, wie es die Zeitschrift ÖkoTest vor einigen Jahren herausfand, ist - wenn auch ökologisch mehr als fragwürdig - zunächst nicht verwunderlich. Schwieriger nachzuvollziehen ist, wo und unter welchen Umständen das Holz geschlagen wurde. Rudolf Fenner vom Umweltverband Robin Wood ist skeptisch: "In vielen Ländern in Afrika und Südamerika gibt es Gesetze für die Forstwirtschaft, die sich auf dem Papier gut lesen. Entscheidend ist aber, wie die Praxis aussieht, ob die Gesetze auch umgesetzt werden." Interpol schätzt in einem Bericht von 2012, dass weltweit 15 bis 30 Prozent des Holzeinschlags illegal geschehen. Der WWF beziffert den illegalen Holzeinschlag speziell in Nigeria auf 90 Prozent. Dabei spielt Holzkohle eine wichtige Rolle, denn 84 Prozent des geschlagenen Holzes werden dem WWF zufolge zu Kohle verarbeitet. Die Zahlen stammen zwar aus einem Bericht von 2008, es habe sich in der Region in den letzten Jahren aber nicht viel getan, kommentiert Johannes Zahnen vom WWF.
Um den Import von illegal geschlagenem Holz nach Europa einzudämmen, hat die EU vor zwei Jahren eine Holzhandelsverordnung erlassen, häufig abgekürzt als EUTR für EU Timber Regulation. Sie schreibt vor, wie der Import von Holzwaren ablaufen soll, hat dabei aber - neben verschiedenen anderen Schwächen - einen entscheidenden Haken: Für Holzkohle gilt sie nicht. In der Produktliste der Verordnung tauchen zwar Bilderrahmen und Kabeltrommeln auf, Holzkohle aber ebenso wenig wie Musikinstrumente oder etwa Bleistifte. Wenn also fertige Kohle importiert wird, gibt es keine Vorschriften für das Holz, aus dem sie gewonnen wurde.
Es ist durchaus möglich, dass sich das in einiger Zeit ändern wird. Für die Verordnung läuft im Moment bei der EU-Kommission ein Überprüfungsprozess, in dem Kritik und Verbesserungsvorschläge von den Mitgliedsländern eingeholt werden, sich aber auch alle Verbände, Unternehmen und andere Interessierte zu Wort melden können. "Es gibt inzwischen eine Liste über sehr viele Produkte, die in der Verordnung vergessen wurden. Da ist auch Holzkohle dabei", sagt Rudolf Fenner von Robin Wood. "Bei der Bundesregierung klingt es, als würde sie am liebsten die ganze Liste zur Verordnung hinzufügen. Da rennt man scheinbar offene Türen ein." Auch auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag antwortete die Bundesregierung entsprechend. Fenner bleibt jedoch misstrauisch und befürchtet, dass nicht einfach alle fehlenden Produkte widerstandslos in die Verordnung aufgenommen werden. Denn das würde für europäische Händler bedeuten, dass sie die legale Herkunft ihrer Produkte glaubhaft nachweisen müssen. Genau das konnten einige Hersteller von Küchenmessern oder Fonduegabeln nicht, nachdem Robin Wood dort im vergangenen Jahr bei Testkäufen tropische Hölzer in den Produkten gefunden hatte.
Wer bestimmte Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards garantiert haben möchte, muss sich beim Kauf von Holzkohle also bisher an freiwilligen Siegeln orientieren. Etwa 95 Prozent der verkauften Kohle sind nach DIN-Norm geprüft. Das heißt, salopp gesagt: Wo Holzkohle draufsteht, ist auch Holzkohle drin, und sie ist zum Grillen geeignet. Einen Unterschied machen hier die beiden Logos "DIN geprüft" und "DIN plus". Beide garantieren, dass die Kohle einer entsprechenden Norm entspricht und Hersteller und Produktionsjahr bekannt sind. "DIN plus" garantiert darüber hinaus noch einen Kohlenstoffgehalt von mindestens 80 Prozent und damit ein gutes Glühverhalten der Kohle. Die Prüfung nach DIN-Norm ist in Deutschland keine Pflicht. Weil aber die meisten großen Händler wie Bau- und Supermärkte die Prüfung fordern, habe sich der Markt selbst reguliert, heißt es von der Prüfstelle.