Historischer Krimi:Syphilis oder Gift?

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Die zwei Gelehrten starben zur Zeit der Medici innerhalb kurzer Zeit auf rätselhafte Weise. Jetzt, 500 Jahre nach dem Tod von Pico della Mirandola und Angelo Ambrogini, genannt Poliziano, ermittelt die italienische Polizei.

Birgit Schönau

War es die Syphilis? Oder war es Gift? Wenn zwei junge Männer unter mysteriösen Umständen dahingerafft werden, treten in Italien die Carabinieri auf den Plan. Und sei es nach 500 Jahren.

In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Bologna soll eine Spezialeinheit der Militärpolizei jetzt feststellen, woran die beiden humanistischen Gelehrten Pico della Mirandola und Angelo Ambrogini, genannt Poliziano, gestorben sind.

Beide gehörten zum Kreis um das Adelshaus der Medici - und beide starben 1494 innerhalb kürzester Zeit auf rätselhafte Weise: Erst im September der 40-jährige Literat Poliziano, dann im November der 31-jährige Philosoph Pico.

Ihn besonders haben die Italiener im Gedächtnis behalten, bezeichnen sie doch Menschen mit einem enormen Erinnerungsvermögen ganz allgemein als "Pico della Mirandola". Was Wunder: Von Pico hieß es, er könne Dantes "Göttliche Komödie" rückwärts auswendig aufsagen. Zudem wurde ihm auch ein homosexuelles Verhältnis mit Poliziano nachgesagt.

Gerüchte um ein Humanisten-Dreiecksverhältnis

Der eifersüchtige Dritte im Bunde war angeblich der Neoplatoniker Marsilio Ficino - und wer glaubt, Gerüchte um dieses Humanisten-Dreiecksverhältnis gehörten als längst verstaubter Renaissancetratsch in die Truhe, der irrt sich.

"Wir gehen davon aus, dass Ficino etwas mit dem Tod der beiden zu tun hat", sagt Silvano Vinceti, Präsident des Nationalen Komitees für Kulturgüter. War Ficino etwa der Mörder?

Das herauszufinden, dürfte schwierig sein. "Ein Skelett ist ein Informationsarchiv", sagt zwar Giorgio Gruppioni. "Ob Krankheiten oder die Todesursache, wir können alles aus ihm ablesen." Außer der Antwort auf die Frage: Wer war es? Gruppioni ist Professor für Anthropologie an der Universität Bologna, Außenstelle Ravenna, und hat sich mit der Erforschung berühmter Persönlichkeiten aus der italienischen Geschichte einen Namen gemacht.

Nun wurden letzte Woche unter der gestrengen Aufsicht des Priors im Florentiner San-Marco-Konvent Pico und Poliziano exhumiert und nach Ravenna gebracht. Schon sieht Anthropologe Gruppioni erste Ergebnisse.

"Pico war viel robuster als auf den von ihm überlieferten Porträts, die einen zarten, fast mädchenhaften Mann zeigten." Mit dem Nachweis eventueller Giftspuren in Knochen, Haaren und Geweberesten werden sich die Polizei-Experten beschäftigen. Ein Fernsehteam begleitet die Arbeit von Wissenschaftlern und Spezialisten.

Die Aufklärung mysteriöser Todesfälle in der Renaissance beschäftigt immer wieder italienische Forscher. Im Januar überraschten Toxikologen der Universität Florenz mit angeblichen Beweisen für den Giftmord an Francesco I. de" Medici und dessen Frau Bianca.

Die beiden seien 1587 nicht an Malaria gestorben, sondern an einer Arsenvergiftung - wie die hohe Giftkonzentration in ihren Gebeinen beweise.

Doch diese Erkenntnis ist umstritten. Sicher ist nur, was Pico einst schrieb: Der Mensch sei das einzige nicht vorherbestimmte Wesen, "nicht himmlisch, nicht irdisch, nicht sterblich und nicht unsterblich, nicht Tier und nicht Engel". Das ist 500 Jahre später noch gültig.

© SZ vom 31.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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