Süddeutsche Zeitung

Hintergrund:Die Bedrohung von Luft, Wasser und Erde

Wasser, saubere Luft, Wald, Boden - alles wird knapp. Und die Zahl der Menschen wächst und wächst.

Martin Kotynek und Hanno Charisius

Zerstörerische Landwirtschaft

Nach der Luftverschmutzung dürfte der industrielle Abbau der Wälder der größte Eingriff des Menschen in die Natur sein. Seit 1987 fallen jährlich 73.000 Quadratkilometer Wald den Kettensägen zum Opfer.

An ihrer Stelle machen sich Felder breit; die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur dramatisch ausgeweitet, sondern auch intensiviert. Auf einem Hektar Ackerland werden heute durchschnittlich 2,5 Tonnen Nahrung produziert, vor 20 Jahren lag die Ausbeute bei 1,8 Tonnen. Ein Bauer produziert heute im Durchschnitt 1,4 Tonnen Nahrung.

Meist werden die Flächen jedoch nicht ökologisch bewirtschaftet. Auf diese Weise werden Lebensräume von Tieren und Pflanzen zerstört, und zwar in nicht geringerem Maße, als durch die Folgen des Klimawandels zu Grunde gehen.

Die intensive Landwirtschaft führt laut Unep zu Verschmutzung der Böden mit Chemikalien, Erosion, Verlust von Nährstoffen und Versalzung der Humusschicht. Das reduziert die Produktivität der Böden und erfordert wiederum eine stärkere Düngung.

Schon heute hängt die Ernährung von zwei Dritteln der Weltbevölkerung direkt von Düngemitteln ab. Nitrate aus dem Dünger verunreinigen das Grundwasser. Auch in Westeuropa ist die Landwirtschaft die Hauptursache für die Verschmutzung von Trinkwasser.

Der Nahrungsbedarf steigt weiter: Bevölkerungswachstum, übermäßiger Konsum und die Umstellung von pflanzlicher auf Fleischernährung wird den Bedarf nahezu vervierfachen. Bis 2030 werden in Entwicklungsländern weitere 120 Millionen Hektar Land in Ackerflächen umgewandelt sein. Schon heute leiden arme Menschen am stärksten unter der Zerstörung von Naturflächen.

Das Wasser wird knapp

Sauberes Wasser wird zu einer der kostbarsten Ressourcen der Welt werden. Bewässerung in der Landwirtschaft verbraucht bereits heute 70 Prozent des verfügbaren Süßwassers weltweit. Bis zum Jahr 2050 muss aber die Nahrungsproduktion mindestens verdoppelt werden, um das Hungerproblem einer wachsenden Weltbevölkerung zu lösen.

Dadurch wird die Wassernutzung in Entwicklungsländern bis zum Jahr 2025 voraussichtlich um die Hälfte ansteigen. Dieser Mehrverbrauch werde in wasserarmen Ländern "nicht mehr tolerierbar sein", heißt es in dem Unep-Bericht: Dann nämlich werden knapp zwei Milliarden Menschen mit absoluter Wasserknappheit leben müssen.

Wo es an Frischwasser fehlt, werden schnell auch die hygienischen Bedingungen katastrophal. 2,6 Milliarden Menschen weltweit haben keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen. Dieser Mangel sowie ein schlampiger Umgang mit fäkalienhaltigen Abwässern und dem Dung von Tieren führen dazu, dass das wenige verfügbare Wasser in trockenen Regionen oft mit krankmachenden Mikroorganismen verseucht ist. In Entwicklungsländern sterben jährlich drei Millionen Menschen durch Krankheiten, die durch verschmutztes Wasser entstehen. Die meisten Opfer sind Kinder unter fünf Jahren.

Außerdem verschmutzen Industrieabfälle und -abgase die weltweiten Süßwasserreserven. Hinzu kommen Dünger und Pflanzenschutzmittel, die von Feldern ins Grundwasser gelangen. Kontaminiertes Wasser sei der weltweit wichtigste Grund für menschliche Krankheit und Tod, berichtet die Unep.

Zuviel Ruß in der Luft

Als "eines der wichtigsten Umweltprobleme" überhaupt schätzt die Unep die Luftverschmutzung ein. Nicht nur Industrie und Verkehr entlassen Ruß und Giftstoffe in die Atmosphäre, sondern auch die Abermillionen kleiner Herdfeuer, die in Hütten brennen.

1,6 Millionen Menschen sterben jährlich, weil sie verrußte Luft einatmen, heißt es in dem Bericht. In vielen Metropolen werden zudem die Grenzwerte für Stickoxide weit überschritten. Eine Änderung ist nicht abzusehen.

Auch das globale Verkehrsaufkommen steigt beträchtlich - so hat sich im Luftverkehr die Zahl der Flugmeilen seit 1990 um 80 Prozent erhöht. Der hohe CO2-Gehalt in der Luft führt außerdem dazu, dass das Meerwasser versauert. In Kombination mit steigenden Temperaturen, Luftverschmutzung und der Ausdünnung der Ozonschicht sei die Nahrungsmittelsicherheit deshalb stark gefährdet, so der Bericht.

Bedrohte Artenvielfalt

Die Biodiversität ändere sich schneller als je zuvor in der Menschheitsgeschichte, berichtet die Unep. Arten sterben massenhaft aus, aber auch der Import von sogenannten invasiven Arten ist ein wachsendes Problem.

Amerikanische Schiffe haben im Jahr 1982 zum Beispiel versehentlich eine Quallenart ins Schwarze Meer eingeschleppt, die dort mittlerweile das marine Ökosystem übernommen hat und die Fischgründe zerstört.

Durch den wachsenden Nahrungsbedarf der Menschheit hat sich zudem die Intensität der Landwirtschaft verstärkt. Es werden mehr Chemikalien, Energie und Wasser verbraucht als jemals zuvor.

Immer mehr Natur wird in Nutzfläche verwandelt. So wird der Lebensraum der dort heimischen Tier- und Pflanzenarten zerstört. Ihnen bleibt nur noch Platz in einer immerhin wachsenden Zahl von Naturschutzgebieten.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2007
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