Grüne Gentechnik:Und jetzt die Kartoffel

Die CSU muss klären, ob sie die Ängste der Bürger vor Gentechnik ernst nimmt - oder die Forschung stärkt: Nach dem Mais geht es nun um die Risiken der Genkartoffel.

D. Kuhr, K. Stroh und Ch. Sebald

Der Druck auf Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) beim Thema Gentechnik wächst. Der Chemiekonzern BASF forderte die Ministerin am Mittwoch auf, den Versuchsanbau der Genkartoffel Amflora umgehend zu erlauben.

Grüne Gentechnik: Umstrittene Knollen: Gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Amflora.

Umstrittene Knollen: Gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Amflora.

(Foto: Foto: dpa)

"Unsere Feldversuche wurden in den vergangenen Jahren genehmigt, und wir erwarten nun, dass sie auch in diesem Jahr genehmigt werden", sagte eine Sprecherin von BASF Plant Science, der Pflanzentechnologie-Sparte von BASF.

Sowohl die zuständige EU-Behörde Efsa als auch das Aigner unterstellte Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hätten mehrfach bestätigt, dass von der Kartoffel keine Risiken ausgingen, sagte die Sprecherin. "Es gibt keinen Grund, die Feldversuche nicht zu gestatten."

Mit einer Genehmigung würde Aigner sich gegen die Position der CSU-Spitze stellen. Vor allem Parteichef Horst Seehofer soll die Ministerin am Wochenende bei einem Spitzentreffen von CSU-Politikern gedrängt haben, nach dem Anbauverbot für Genmais nun auch die Feldversuche der Genkartoffel zu untersagen. Seehofer wies dies am Mittwoch jedoch zurück.

Die Entscheidung über ein Anbauverbot sei allein Sache Aigners. Er übe keinerlei Druck auf sie aus, sagte er der Nachrichtenagentur ddp. Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) forderte am Mittwoch ein Moratorium für den Versuchsanbau.

Mit der gentechnikkritischen Haltung erhofft sich die CSU offenbar Wählerstimmen, da die Mehrheit der Bevölkerung die grüne Gentechnik ablehnt. Zudem fürchtet Seehofer wohl, dass die CSU unglaubwürdig wird. Vor einer Woche hatte Aigner die Aussaat von Genmais der Sorte Mon810 in Deutschland untersagt.

Feldversuche mit der Genkartoffel

Diese Sorte ist zwar von der EU zugelassen; wenn ein Mitgliedstaat aber Risiken sieht, kann er den Anbau trotzdem unter Umständen verbieten. Aigner sah Gefahren für die Umwelt.

Die Genkartoffel Amflora ist dagegen bislang von der EU nicht für den kommerziellen Anbau zugelassen. Derzeit geht es bei ihr nur um Feldversuche. Diese könnten vom BVL genehmigt werden, das dem Landwirtschaftsministerium unterstellt ist.

Vor zwei Jahren - damals unter Aigners Vorgänger Seehofer - hatte das BVL den Versuchsanbau von Amflora genehmigt. Die Genehmigung für dieses und das nächste Jahr steht noch aus. Die Entscheidung werde "in den nächsten Tagen" fallen, sagte Aigners Sprecherin.

Umweltschützer fordern ein Verbot. "Frau Aigner muss jetzt hart und konsequent bleiben", sagte Stephanie Töwe von Greenpeace. Die Genkartoffel dürfe "keinesfalls aufs Feld". Primär ist die Amflora nicht zum Verzehr gedacht. Sie weist eine spezielle Stärkezusammensetzung auf, die ideal für die Papierproduktion sein soll.

Nur das Abfallprodukt, die sogenannte Pulpe, soll als Futtermittel für Tiere verwendet werden. Umweltschützer kritisieren vor allem, dass bei der Amflora ein Gen verwendet wird, das unter gewissen Umständen bei Bakterien eine Antibiotika-Resistenz bewirken kann. Bei BASF weist man das zurück.

Druck auf Aigner

Nicht nur parteiintern, auch regierungsintern steht Aigner unter Druck. Während Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) an dem bislang gentechnikfreundlichen Kurs der Bundesregierung festhalten will, kündigte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwoch an, Aigner bei einem möglichen Verbot der Genkartoffel zu unterstützen. Solche Versuche dürften nur zugelassen werden, wenn sie nicht in den Futtermittelkreislauf kommen, sagte er.

Schon beim Genmais-Verbot soll Seehofer großen Druck auf Aigner ausgeübt haben, wie aus der CSU zu hören war - was Seehofer indes stets bestritt. In den Tagen vor Aigners Entschluss habe er mehrfach mit ihr telefoniert, auch sein Umweltminister Söder soll Aigner massiv gedrängt haben, heißt es aus der CSU.

Am Ende habe der "klare Auftrag" Seehofers an Aigner gestanden, den Genmais zu verbieten. Daher erwarten viele Christsoziale, dass Aigner auch den BASF-Antrag ablehnen wird.

In einem anderen Streitfall bezog die Ministerin am Mittwochabend klar Position: Sie empfahl den Bundesländern, die EU-Zahlungen an deutsche Landwirte vorerst nicht wie von der EU gefordert bis spätestens Ende April im Internet zu veröffentlichen.

Mehrere deutsche Gerichte hätten dies als unvereinbar mit dem Grundrecht auf Datenschutz angesehen. Aigner will nun mit den Ländern und der EU-Kommission "die neue Situation erörtern".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: