Die Aussichten klingen phantastisch. Was wäre, wenn es dem Forscherteam unter der Leitung des Internationalen Reisforschungsinstituts auf den Philippinen gelänge, einen sogenannten C4-Reis auf den Markt zu bringen?
Der Ertrag, den ein Reisfeld abwirft, könnte sich mit einem Schlag verdoppeln und gleichzeitig Wasser sowie Dünger gespart werden. Wie das gehen soll? Die meisten Pflanzen verlieren bei der Photosynthese etwa 30 Prozent Energie, ein Betriebsfehler der Natur. Nur einige Pflanzen, etwa Mais oder Zuckerrohr, beherrschen die C4-Photosynthese von Natur aus.
Sie ist der Effizienz-Turbo der Natur: Die Pflanzen brauchen weniger Wasser, weniger Nährstoffe und bilden dennoch mehr Biomasse. Würde ein solcher C4-Reis eines Tages Wirklichkeit werden, wäre es ein transgener Reis.
Kann die grüne Gentechnik den Hunger der Welt bekämpfen? Die Pflanzen der Zukunft müssen mit ausgelaugten Böden, mit Dürre, Hitze oder Überschwemmungen zurechtkommen. Gigantische Anforderungen, die Welternährungsorganisation FAO spricht davon, dass es eine zweite grüne Revolution brauche.
Sparsame Gentechnik
Die erste ließ vor 40 Jahren schon einmal sprunghaft die Erträge steigen, dank des Einsatzes von Monokulturen, Pestiziden, Dünger und neuem Saatgut. Doch das Konzept ist ausgereizt. Dafür verspricht nun die Gentechnik, neue Nutzpflanzen zur Verfügung zu stellen.
Seit es 1983 erstmals gelungen ist, eine transgene Pflanze zu züchten, wird die Technik von Befürwortern bejubelt und von Gegnern bekämpft. Sie könne ihre Versprechungen nicht halten, sagen Kritiker. Zur Linderung des Hungers auf der Welt hat die Gentechnik tatsächlich noch nicht beigetragen.
"Die Verbesserung der Ernährungslage war nicht das Ziel der Züchtung der heute erhältlichen gentechnisch veränderten Sorten", erklärt Hans Rudolf Herren, stellvertretender Vorsitzender des Weltlandwirtschaftsrates.
Gentechnisch veränderte Pflanzen wurden bisher für die Anforderungen einer industrialisierten Landwirtschaft gezüchtet. Sie sind etwa herbizidresistent, damit der Landwirt mehr Unkrautbekämpfungsmittel ausbringen kann, das spart Arbeitszeit und Geld.
Herbizidresistentes Soja, das weltweit auf Millionen Hektar Land wächst, wird zum Beispiel vor allem als Viehfutter angebaut. Davon profitieren der Saatguthersteller und der Rinderzüchter in Europa, der billiges Fleisch liefert.
Landwirte, die in Afrika oder Asien für den Eigenbedarf anbauen, können sich solches Saatgut jedoch nicht leisten; Dünger und Pflanzenschutzmittel sind für sie ebenfalls unerschwinglich. Doch sind es vor allem diese Landwirte, die ihre Erträge steigern müssen, um sich selbst und eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren - diese 400 Millionen Kleinbauern müssten gefördert werden, fordert Hans Rudolf Herren.
Die Agrarforschung solle sich nach den Bedürfnissen der Bauern in Asien und Afrika richten, ihnen solle Zugang zu den abgeschotteten Märkten Europas oder Nordamerikas gewährt werden. In vielen Ländern müssten Landbesitzrechte verbindlich geklärt werden.
Es könne hilfreich sein, Techniken aus dem Öko-Landbau zu vermitteln, mit denen ohne Kapitaleinsatz die Erträge gesteigert und Böden fruchtbar gehalten werden können. Das alles hat mit Gentechnik nichts zu tun.
Dennoch bezeichnen Forscher wie der Düsseldorfer Biologe Peter Westhoff, der am C4-Reis forscht, den europäischen Streit über gentechnisch veränderte Pflanzen als "Luxusdiskussion". Die meisten Wissenschaftler teilen seine Meinung.
"Es ist glasklar, dass die Gentechnik eine nützliche Methode ist", sagt Bernd Müller-Rober vom Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie. Sie könne helfen, Nahrungsmittelpflanzen wichtige Eigenschaften zu verleihen. Manches lässt sich allerdings auch erreichen, wenn man konventionelle Zuchtmethoden mit den Erkenntnissen aus der Molekularbiologie, die ohne Gentechnik auskommt, kombiniert.
Die grüne Gentechnik trotz offener Fragen, etwa zur Sicherheit, generell zu verteufeln, wäre aber falsch. Genauso falsch, wie sie als die einzige mögliche Lösung zu preisen. Die Gentechnik könne einen Beitrag zur Verbesserung der Welternährung leisten, sagt der Molekularbiologe Frank Kempen von der Universität Kiel. Man solle nur keine Wunder erwarten.