Grüne Gentechnik:Genmais lockt natürliche Schädlingsvernichter an

Ein neuer genveränderter Mais wehrt sich effektiv gegen Schädlinge, weil Wissenschaftler seine natürlichen Abwehrmechanismen aktiviert haben.

S. Herrmann

Viele Pflanzen wehren sich mit einer einfachen Strategie: Sie rufen ihre Freunde zu Hilfe. Knabbern Fressfeinde ihre Wurzeln oder Blätter an, setzen Bäume, Büsche und Blumen Signalstoffe frei, auf die Insekten reagieren, die den jeweiligen Schädling vertilgen. Aber nicht alle können sich auf diese Weise verteidigen.

Die meisten Maissorten aus Nordamerika haben diese Abwehrstrategie zum Beispiel im Laufe jahrzehntelanger Züchtung verloren. Eine Gruppe um Jörg Degenhardt vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena und Ivan Hiltpold von der Universität Neuchâtel hat nun gezeigt, dass Mais von dieser Verteidigungsstrategie womöglich profitieren könnte (PNAS, online). Sie schleusten ein Gen aus Oregano in Mais ein, das die Wurzeln (E)-ß-Caryophyllen (EßC) produzieren lässt, wenn die Larven des Maiswurzelbohrers die Pflanze befallen. Auf den Stoff reagieren Fadenwürmer, die dann die Käferlarven töten.

Der Mais ist transgen, besitzt also ein zusätzliches Gen. Von Gegnern der Grünen Gentechnik werden solche Pflanzen als Genmais bezeichnet. "Es wird aber kein Gift produziert, die transformierten Pflanzen nutzen ihre natürlichen Abwehrkräfte", sagt Degenhardt. "Wir haben nichts anderes getan, als diese zu aktivieren." Dies ließe sich auch durch klassische Züchtung erreichen, da manche Maissorten noch über die Abwehr verfügen.

Den Forschern ging es jedoch darum, generell zu beweisen, wie wirksam die Wurzelabwehr gegen die Maiswurzelbohrerer-Larven sein kann. "Das ging nur mit transgenen Pflanzen", sagt Degenhardt. Hätten die Forscher zwei verschiedene Sorten - eine mit Wurzelabwehr, eine ohne - ins Versuchsfeld gesetzt, hätte das die Ergebnisse verfälscht. "Zwei Sorten unterscheiden sich nicht nur in einer, sondern in zig Eigenschaften", sagt der Biologe.

So wirkungsvoll wie Pestizide

In US-Bundesstaat Missouri setzten die Forscher in Zusammenarbeit mit dem Biologen Bruce Hibbard vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium auf einem Versuchsfeld Pflanzen einer Sorte aus - eine Hälfte transgen, die andere unverändert. Jener Mais, der EßC produzierte, verteidigte sich effektiver gegen Käferlarven. Die angelockten Nematoden - die Fadenwürmer waren zuvor im Feld ausgesetzt worden - hatten die Larven so weit dezimiert, dass sich 60 Prozent weniger Käfer entwickelten als zwischen den unveränderten Pflanzen. "Ähnliche Werte erzielt man, wenn das Feld mit herkömmlichen Pestiziden behandelt wird", sagt Degenhardt.

Da europäische Maissorten und wilde Varianten noch über die Wurzelabwehr verfügen, könnte das Merkmal auch klassisch in neues Maissaatgut gezüchtet werden. Allerdings sei "ein transgener Ansatz möglicherweise vorzuziehen, da dies schneller ist und die Chance reduziert, dass andere wünschenswerte Eigenschaften bereits existierender Sorten verlorengehen", schreiben die Autoren der Studie.

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