Süddeutsche Zeitung

Glühbirnenverbot:Es werde neues Licht

An diesem Samstag tritt die letzte Stufe des Glühlampenverbots der EU in Kraft. Längst sind alternative Leuchtmittel auf dem Markt, und besonders die LEDs mit Halbleitertechnik werden zusehends leistungsfähiger und preiswerter. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den neuen Lampen.

Christopher Schrader

Jahrzehntelang war die Glühbirne so etwas wie eine Einstiegsdroge. Sie wurde billig verkauft und kostete doch viel, weil sie das Rädchen im Stromzähler eifrig rotieren ließ. Der Vergleich hinkt natürlich, weil die Lampenhersteller keine Drogendealer sind: Sie verdienen nichts an dem Strom, den ihre Produkte verbrauchen. Dennoch ist es wie das Ende einer Sucht, wenn die EU nun die letzten Glühbirnen vom Markt drängt - der Blick wird frei auf Beleuchtungstechnik, die weit bessere Eigenschaften hat.

Von diesem Samstag an dürfen auch klare 25- und 40-Watt-Birnen mit einfachen Glühfäden nicht mehr (beziehungsweise nur aus Lagerbeständen) verkauft werden. Dieses Schicksal hatte in den Vorjahren schon die Varianten mit 60, 75, 100 und mehr Watt und alle mattierten Birnen ereilt. Auf dem Markt bleiben Speziallampen wie Strahler und Birnen mit Halogentechnik, die 30 Prozent sparen, sowie Energiesparlampen und LEDs (Licht emittierende Dioden), die 80 Prozent weniger Energie als Glühbirnen verbrauchen.

Das Geld, das Verbraucher früher für das Beleuchten des Heims ausgegeben haben, wird nun neu verteilt. Ein größerer Teil als bisher fließt an die Lampenhersteller, weniger an die Stromkonzerne, und mehr als die Hälfte kann der Verbraucher behalten. Genaue Zahlen enthält zum Beispiel die Liste "Eco Top Ten" des Ökoinstituts. Während Anschaffung und Strom bei einer herkömmlichen 60-Watt-Birne im Mittel 15 Euro pro Jahr kosten konnte, kommen der Halogenersatz auf elf bis zwölf, die LEDs auf fünf bis sechs und die Energiesparlampen auf drei bis fünf Euro pro Jahr.

Um Ersparnisse zu erzielen, müssen Verbraucher allerdings investieren. LED-Lampen können 35 oder sogar 60 Euro in der Anschaffung kosten, die sich über 25 Jahre Lebensdauer amortisieren. Energiesparlampen liegen zu Preisen um zehn Euro im Regal und halten sechs bis zehn Jahre. Viele Kunden sind neugierig auf die Technologie: Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des Lampenherstellers Osram haben 60 Prozent der Deutschen großes Interesse am Energiesparen und 77 Prozent haben schon entsprechende Lampen gekauft. Aber nur 40 Prozent der Befragten fühlen sich gut über die verschiedenen Technologien informiert.

Einwände gegen die neuen Lampen richten sich bei LEDs vor allem gegen den Preis, bei Energiesparlampen aber auch gegen die Handhabung und das Quecksilber in ihren Glaskolben. Da die Diodenlampen inzwischen in brauchbare Leistungsklassen vorgestoßen sind und ihre Preise sinken, dürfte sich bald bewahrheiten, was Experten seit einigen Jahren sagen: LEDs und verwandte Lampen sind das Licht der Zukunft.

Hier finden Sie die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Warum werden Glühlampen verboten?

Die EU hat in ihrer Verordnung 244/2009 nicht eine bestimmte Technik verboten, sondern Standards gesetzt, die Glühbirnen nicht erfüllen können. Leuchtmittel, die in eine Standardfassung geschraubt werden, müssen pro Watt elektrischer Leistung mindestens 14 Lumen Lichtstrom erzeugen. Das ist ein Maß der gesamten ausgesandten Helligkeit. Glühbirnen schaffen etwa zehn, höchstens zwölf.

Die Hürde überspringen Halogenlampen, allerdings werden viele von ihnen 2016 vom Markt verschwinden, wenn die nächste Stufe der Verordnung die Grenzen anhebt. Energiesparlampen und LEDs kommen auf Werte von 50 und mehr Lumen pro Watt und erfüllen die Bedingung damit locker. Reflektorlampen und andere Leuchtmittel für gebündeltes Licht sind ausgenommen. Ähnliche Vorschriften haben unter anderem die Schweiz, die USA, China, Australien und Neuseeland erlassen.

Glühbirnen und Halogenlampen: Diese zwei Lampentypen funktionieren im Prinzip wie die Sonne oder ein Feuer. Etwas Glühendes - bei den Lampen ein Metallfaden - gibt Licht in allen Farben ab, vor allem Rot und Gelb, weniger Grün und etwas Blau. Menschen in Nordeuropa haben gelernt, diese Lichtverteilung als warm und gemütlich zu betrachten. Am Mittelmeer sind die Vorlieben anders, dort schätzt man kühleres Licht mit höherem Blauanteil. Dieser lässt sich bei Glühfäden steigern, wenn man die Temperatur erhöht. Dazu brauchen die Leuchtmittel aber ein Schutzgas, das bei der Halogentechnik eingefüllt wird. Neben dem sichtbaren Licht geben die Birnen jede Menge unsichtbare Wärme- oder Infrarot-Strahlung ab. Dafür geht 95 Prozent des Stroms drauf. Der Anteil sinkt etwas, wenn man das Licht blauer einstellt.

Energiesparlampen und LEDs: Energiesparlampen funktionieren ganz anders. Sie erzeugen zunächst ebenfalls unsichtbare Strahlung. Dazu werden das Gas und der Quecksilberanteil in den Glasröhren erhitzt und unter elektrische Spannung gesetzt - gleichsam gezündet. Wenn sich der Inhalt entlädt, entsteht ultraviolette Strahlung. Diese wird von Chemikalien auf der Glashülle zu rotem, grünem und blauem Licht umgewandelt. Die Mischung ergibt weiß, und die Anteile der Farben bestimmen den Charakter zwischen "Tageslicht" und "Warmweiß".

LEDs funktionieren ähnlich wie die Energiesparlampen: Sie erzeugen mit einem Halbleiterchip oft erst blaues Licht, von dem ein kleiner Teil zu Gelb verwandelt wird. Auch diese Mischung ergibt Weiß. Beide neuen Techniken brauchen eine elektronische Steuerung, die in den Sockel der Lampe eingebaut ist. Sie bestimmt wesentlich den Preis und die Eigenschaften des Geräts.

Von Glühbirnen und Halogenlampen ist der Verbraucher gewohnt, dass auf Knopfdruck das Licht da ist und sich einfach mittels eines Dimmers regulieren lässt. Das gilt für die neue Lichttechnik nur bedingt. LEDs sind beim Anknipsen sofort auf voller Leuchtstärke, aber ob sie sich dimmen lassen, zeigt erst ein genauer Blick auf die Packung.

Energiesparlampen brauchen einen Moment, um ihren Inhalt aufzuheizen. Es kann also eine Sekunde dauern, bis sie überhaupt Licht geben und einige Minuten, bis sie die volle Helligkeit erreichen. Hersteller müssen hier Kompromisse finden: Wenn ihr Produkt schneller hell wird, geht das meist zulasten der Haltbarkeit.

Ein weiterer Unterschied ist die Bündelung des Lichts. Bei Energiesparlampen stammt die Helligkeit von einer Fläche: dem gebogenen Glaskolben. Sie geben also diffuses, kaum zu fokussierendes Licht. LEDs hingegen sind eher Punktstrahler, auch wenn die Birnen auf dem Markt oft mehrere, nebeneinander angeordnete Chips besitzen. In beiden Fällen enthält das Licht nicht alle Farben des sichtbaren Spektrums, der Eindruck von Weiß entsteht ja durch die Mischung der Farben nur im Auge des Betrachters. Die Lampen können also auch nicht alle Farben in der Umgebung gleichermaßen zum Leuchten bringen.

Aber obwohl das Mischungsrezept der LEDs primitiver klingt als bei der Energiesparlampe, haben moderne Halbleiter-Birnen oft eine bessere Farbwiedergabe als die Glaskolben-Produkte.

Bei den neuen Lampentypen gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede. Der Kauf von Markenprodukten kann also trotz ihres höheren Preises die bessere Wahl sein. Um die richtige Lampe zu finden, sollte der Kunde zunächst auf die Helligkeit achten. Der Hersteller gibt zwar meist an, welcher Wattzahl alter Glühbirnen das Produkt entsprechen soll, aber der Vergleich ist bisweilen etwas "gestreckt". Auf der Packung steht jedoch der Lumenwert, zum Beispiel "650lm". Die Zahl durch zwölf geteilt ergibt ungefähr die Wattzahl einer entsprechenden Birne, in diesem Fall 54 Watt.

Daneben ist die Lichtcharakteristik wichtig. Sie wird als Temperaturangabe verzeichnet. Warmweißes Licht entspricht Werten zwischen 2500 und 3000 K (für die Einheit Kelvin). Höhere Werte wirken kälter, Tageslicht hat 6500 K. Wenn der Farbwiedergabeindex vermerkt ist, sollte er mindestens 80, besser 90 betragen. Oft verbergen sich die Angaben über die Lichtqualität auch in einer Art Code. Steht dort etwa "827", dann bedeutet die 8 eine Farbwiedergabe zwischen 80 und 90, und die 27 steht für eine warmweiße Lichttemperatur von 2700 Kelvin.

Übrigens entstehen viele der Probleme mit Leuchtkörpern mit der neuen Technik, weil sie in die vorhandenen Lampen in den Haushalten geschraubt werden. Wenn sich im Lauf der Zeit andere Formen für Decken-, Steh-, Schreibtisch- oder Hängeleuchten durchsetzen, kann die Technologie ihre Vorteile ausspielen und ihre Nachteile kompensieren.

Quecksilber ist ein Nervengift und hat eigentlich im Haushalt nichts zu suchen. Die bisherigen Energiesparlampen brauchen es jedoch zwingend für ihre Funktion. Zugelassen sind 3,5 Milligramm - und von Anfang 2013 an nur noch 2,5 Milligramm - pro Birne. Die meisten Produkte unterbieten diese Werte deutlich. Allerdings hat die Organisation Deutsche Umwelthilfe immer wieder Baumärkte verklagt, die billige Energiesparlampen mit überhöhtem Quecksilbergehalt im Angebot hatten. Beim normalen Gebrauch und regulärer Entsorgung bleibt das Schwermetall zuverlässig in der Lampe eingeschlossen. Doch es kann vorkommen, dass sie im Betrieb zerbricht.

Was dann passiert, haben das Umweltbundesamt (UBA) sowie Institute in Bayern und Frankreich untersucht. Die Luft in dem Raum, bestätigen sie, enthält dann Quecksilber in einem Maß, bei dem zum Beispiel ein dauerhaftes Arbeiten hier nicht mehr zugelassen wäre. Die genauen Werte hängen von der Lampe und vor allem von der Höhe ab, in der die Konzentration gemessen wird. Sie ist in 30 Zentimetern Höhe weit größer als einen Meter über dem Boden.

Das UBA empfiehlt, beim Lampenbruch den Raum sofort kräftig zu lüften und für mindestens 15 Minuten zu verlassen. Dadurch sinkt die Konzentration von Quecksilber in der Luft auf unbedenklich Werte. Dann soll man die Scherben mit Handschuhen in eine Plastiktüte legen und diese in ein leeres Glas mit Schraubdeckel tun, welches man später im Recyclinghof abgibt. Reste kann man auf hartem Boden mit Stücken von Karton zusammenschieben, auf Teppich mit Klebeband auftupfen. Erst danach Staubsaugen, das Gerät würde den Quecksilberdampf nur verteilen.

Um solchen Unfällen vorzubeugen, können Kunden Lampen kaufen, bei denen die leuchtenden Glasröhren unter einer Kuppel aus Kunststoff und einem Silikonüberzug verborgen sind. Die Hülle dient als Splitterschutz. Außerdem hat das UBA festgestellt, dass weniger Quecksilber freigesetzt wird, wenn es in der Lampe als sogenanntes Amalgam vorhanden ist, also als feste Metallmischung. Mit beiden Techniken hat sich die Firma Megaman hervorgetan.

Am Ende ihrer Nutzung müssen Energiesparlampen ordnungsgemäß entsorgt werden, genau wie die langen Leuchtstoffröhren, die landläufig Neonlampen heißen. Die Rücklaufquoten sind aber noch zu gering, obwohl inzwischen auch große Lampengeschäfte die Birnen freiwillig zurücknehmen. Umweltschützer weisen jedoch auf Folgendes hin: Selbst im dem Fall, dass alles Quecksilber in den Energiesparlampen in die Umwelt gelangte, wäre sie weniger damit belastet als beim Einsatz konventioneller Glühbirnen. Die Erklärung für dieses Paradox liegt im weit höheren Stromverbrauch. Weil ein Großteil der Elektrizität aus Kohle gewonnen wird, die oft eine Quecksilber-Beimischung hat, blasen die Schornsteine der Kraftwerke viel von dem Schwermetall in die Luft.

Kann man das Quecksilber weglassen?

Daran arbeiten viele Forscher. Ein Team vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Fachhochschule Aachen hat bereits einen Prototypen vorgestellt, der um den Faktor 1000 weniger Quecksilber enthält als herkömmliche Modelle. Nach den Worten des Karlsruher Entwicklers Rainer Kling ist das Schwermetall inzwischen komplett verzichtbar. Der entscheidende Kniff ist, das Plasma in der Glasröhre nicht mit Elektroden zu zünden, also mit Drähten, die in den Kolben hineinragen. Die Forscher benutzen stattdessen von außen eingestrahlte Mikrowellen. Das erlaubt es ihnen, solche Chemikalien in der Lampe zu verwenden, die eine Elektrode angreifen würden. Die Lampe soll zudem noch weitere Vorteile bieten: weniger Energie verbrauchen, länger leben, weil sich die Elektrode nicht abnutzt, und schneller hell werden. Preiswerter als bisherige Modelle soll sie auch noch sein. Kling rechnet mit einer Markteinführung in der zweiten Hälfte 2013.

Richtig, mit Glühdrähten kann man auch heizen, wie Schwarzlichtgeräte oder Wickeltischstrahler zeigen. Die Abwärme von Glühbirnen hat also in gewissem Umfang zur Raumwärme beigetragen. Das hatte aber mehrere Nachteile. Die zusätzliche Hitze war vielleicht während sechs Monaten im Jahr willkommen und die Lampen brannten nicht unbedingt dort, wo sich die Wärme am besten verbreiten konnte. Eine Studie des britischen Umweltministeriums kam darum zum Schluss, dass 21 Prozent der verbrauchten Energie von Glühbirnen nützlich seien, um die Heizung zu entlasten. Das reißt ihre Umweltbilanz aber auch nicht herum. Es bleibt generell etwa viermal so teuer, Wärme mit Strom zu erzeugen als mit Gas.

LED-Lampen sind inzwischen ernste Konkurrenten der Energiesparlampen geworden. Die Halbleiterprodukte haben nicht nur eine höhere Lebensdauer und in vielen Punkten bessere Eigenschaften, die den höheren Anschaffungspreis rechtfertigen können. Auch ihr Energieverbrauch liegt noch einmal niediger. Längst sind einige gute Produkte auf dem Markt, die um die 700 Lumen Licht geben und damit 60-Watt-Glühbirnen gut ersetzen können. Ihre Preise sinken: der Hersteller Osram hat bereits das erste Leuchtmittel für weniger als zehn Euro angekündigt. Angeboten werden auch kerzenförmige Leuchtmittel mit Klarglas, die vom Aussehen her mühelos in einem Kronleuchter gedreht werden können.

Die leistungsfähigsten Birnen haben aber sehr technisch aussehende Kühlkörper, die die Ästhetik einer beleuchteten Glaskuppel ruinieren können. Nun versucht sich die Industrie auch an der 100-Watt-Klasse. Wo die Kühlrippen zu groß und klotzig werden, experimentieren die Firmen mit vibrierenden Membranen, die Luft herbei fächeln.

LEDs haben den großen Vorteil, dass die leuchtenden Chips sehr flach sind. Längst sind die Designer daher aus der klassischen Formensprache ausgebrochen und kreieren ganz neue Leuchten. Der Markt wird auch nicht mehr von den alten Lampenherstellern Philips und Osram beherrscht. In das Geschäft mit den Leuchtdioden und deren Elektronik steigen auch Newcomer wie die österreichische Ledon und Elektronikhersteller wie LG, Toshiba und Samsung ein.

Das Glühlampenverbot hat die Innovation insgesamt beschleunigt. Zwei neue Techniken versprechen preiswerte leuchtende Flächen. Ihr Licht käme dann womöglich von einer ganzen Wand und würde somit keine Schatten werfen. Weit fortgeschritten ist die Entwicklung sogenannter OLEDs (organische Licht emittierende Dioden), die bereits mit einer Art Tintenstrahltechnik auf flexible Kunststofffolien gedruckt werden. Sie geben farbiges Licht und können zum Beispiel für sehr dünne Bildschirme genutzt werden.

Noch einfacher herzustellen sind LEC (Licht emittierende elektrochemische Zellen), die sich sogar im Rolldruck produzieren lassen. Bisher gibt es aber erst einfarbig grüngelbe Prototypen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1455281
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/Süddeutsche.de/mcs/mri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.