Globale Temperatur:Hitzerekord führt zu Minus bei der Ernte

Die Temperaturen im ersten Halbjahr 2010 waren die höchsten, die je gemessen wurden. Die Hitzewelle wird zu Ernteausfällen führen - und möglicherweise eine Erhöhung des Brotpreise auslösen.

S. Liebrich und C. Schrader

Im ersten Halbjahr 2010 war es auf der ganzen Welt so warm wie noch nie seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen vor 130Jahren. Im März, April, Mai und Juni zeigten die Thermometer absolute Rekordwerte, wie die amerikanische Wetterbehörde Noaa mitteilte. Viele Länder erleben derzeit eine Hitzewelle, Experten erwarten deshalb beträchtliche Ernteausfälle.

Trockenheit in der Landwirtschaft

Der ausgetrocknete und aufgerissene Ackerboden erinnert an Wüstenregionen - das Foto stammt jedoch aus dem brandenburgischen Treplin.

(Foto: dpa)

Im Juni war die Luft über Landmassen und Ozeanen im Mittel 16,2 Grad Celsius warm, rechnete die US-Wetterbehörde in ihrem Monatsbericht vor, knapp 0,7Grad mehr als im Durchschnitt. Um den gleichen Betrag lag die Temperatur von Januar bis Juni über dem Mittelwert. Damit hat 2010 das Jahr 1998 von seinem Spitzenplatz verdrängt, die augenblicklichen Hitzewellen sind dabei noch nicht einmal erfasst.

Die Folgen bekommt auch die Landwirtschaft weltweit immer stärker zu spüren. Auch die Bauern in Nord- und Ostdeutschland sind betroffen. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner rechnet mit Einbußen bei der Getreideernte von bis zu 30Prozent. Bei Mais, einem wichtigen Tierfuttermittel, seien sogar Totalausfälle zu erwarten. Fleisch könnte deshalb mittelfristig teurer werden. Auch der Brotpreis könnte nach Angaben des Bäckerhandwerks steigen.

In ganz Europa rechnen Händler mit einer Getreideernte, die um bis zu zehn Prozent niedriger ausfallen wird als im Vorjahr. "Das sind die 25 Millionen Tonnen, die normalerweise exportiert werden", sagte Ludwig Höchstetter, Chef der Agrarsparte bei Baywa, einem der größten Agrarhändler Deutschlands. Wenn Getreide knapp wird, steigen die Preise. An der Rohstoffbörse in Paris wurde Weizen in den vergangenen drei Wochen bereits um mehr als ein Drittel teurer. "Hält die Hitze an, könnten wir auf eine ähnlich bedrohliche Situation zusteuern wie 2007", warnte Agrarhändler Höchstetter. Damals hatten die Getreidepreise nach weltweiten Missernten Rekordhöhen erreicht. In Mexiko und anderen Ländern kam es wegen stark gestiegener Lebensmittelpreise zu Unruhen.

Auch das amerikanische Landwirtschaftsministerium befürchtet weltweite Ernteeinbußen bei Weizen, einem wichtigen Grundnahrungsmittel. Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, müsste die Produktion jedoch jedes Jahr um mindestens 1,5 Prozent steigen. Die Welternährungsorganisation FAO warnte vor verheerenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft.

Der globale Wärmerekord ist vor allem durch das sogenannte El-Niño-Phänomen im Pazifik ausgelöst worden. Auf das Wetter in Deutschland hatte es aber keinen direkten Einfluss. Hier gab es wohl auch keinen Rekord. Das erste Halbjahr bestand aus kalten Wintermonaten, einem mittelmäßigen Frühling und einem warmen Juni. In den vergangenen Juliwochen aber haben viele Orte acht- bis zwölfmal Temperaturen von 30 Grad Celsius erlebt, meldete am Freitag der Deutsche Wetterdienst. Mit einem Ende der Hitzewelle sei nicht zu rechnen.

Der offiziellen Auswertung von Wetterdaten durch die US-Behörde Noaa messen Experten großes Gewicht bei. Es gibt aber auch andere Analysen: jene der Nasa und jene der Universität Huntsville, Alabama. Nach deren Messungen war der Juni der drittwärmste beziehungsweise der zweitwärmste aller Zeiten.

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