Normalerweise liebt Charles Moore die Weite des Pazifiks. Doch an jenem Tag vor zwölf Jahren, als er gerade mit seiner Crew und dem Katamaran Alguita den dritten Platz in der Transpac-Segelregatta von Los Angeles nach Hawaii gewonnen hatte, sehnte er sich danach, so schnell wie möglich wieder Land zu sehen. Irgendetwas, worauf er seinen Blick konzentrieren konnte nach all den Tagen auf See.
Im Meer treiben Millionen Tonnen Kunststoffmüll. Sie werden an Land oder in die Häfen gespült - wie hier im indischen Mumbai - oder treiben als gewaltige Plastikstrudel in den Ozeanen.
(Foto: Foto: AP)Um schneller wieder daheim zu sein, wählte Moore eine Abkürzung durch die sogenannten Rossbreiten zwischen Hawaii und Nordamerika. Die meisten Seefahrer meiden diese Route, in der fast ständig Windstille herrscht und die Fischern nur wenig Fang bietet. Vielleicht liegt es daran, dass erst Moore erkannte: das farbenprächtige Funkeln im Meer, das ihn anfangs so faszinierte, stammte nicht von Fischen - sondern von Plastikmüll.
Kunststoffteile aller Größen sah die Crew im Meer treiben. Moore erkannte Einwegrasierer, Flaschen, Verschlüsse und CD-Hüllen in dem Unrat. "Es hört sich unglaublich an, aber es gab um uns herum keinen sauberen Flecken. Egal, wann und wo ich aufs Meer schaute, immer sah ich den Müll um uns herumschwappen", erinnert sich Moore.
Umweltkatastrophe mit gigantischem Ausmaß
Wieder daheim in Kalifornien, begann der Segler, im Hauptberuf Chemiker, die Öffentlichkeit über die "größte Müllhalde der Welt" zu informieren. Der Müllstrudel im Pazifik ist das bekannteste Beispiel einer gigantischen Umweltkatastrophe, deren Ausmaße selbst Fachleute nur schätzen können.
Schon über die Ausdehnung der von Moore durchpflügten Müllsuppe gibt es widersprüchliche Angaben: Schwimmt da ein einziger durchgehender Müllteppich zwischen Hawaii und den USA? Oder sind es zwei, jeder so groß wie Mitteleuropa? Weil ein Großteil des Mülls unterhalb der Wasseroberfläche und in einer Tiefe von bis zu zehn Metern treibt, können Satellitenmessungen seine Ausdehnung nur ungenau erfassen.
Sicher ist jedoch, dass es "überall im Meer Plastikmüll gibt", wie Meeresbiologen in einer umfassenden Studie vor vier Jahren bilanziert haben. Besonders hoch ist die Mülldichte dort, wo Luftströmungen wie im Nordpazifik starke Meereswirbel verursachen, insgesamt fünf solcher Strudel kennen Meeresforscher.
Laut einer Computersimulation des Ozeanographen Curtis Ebbesmeyer kreist der Müll bis zu 16 Jahre lang im nordpazifischen Strudel, bevor er als bunt glitzernde Teilchen an die Strände Hawaiis gespült wird. Besonders belastet sind die tropennahen Meeresgebiete, doch selbst im Nordatlantik fanden die Müllkartierer mancherorts so viele Abfälle wie an einigen Stellen des Pazifiks.
Von den 225 Millionen Tonnen Kunststoff, die weltweit pro Jahr produziert werden, landen schätzungsweise zehn Prozent irgendwann im Meer. Nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) schwimmen bereits 100 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Ozeanen. Dabei stammte nur ein Fünftel des Unrats von Schiffen, die ihre Abfälle auf hoher See entsorgen, schätzt die Umweltorganisation Gesamp. Der Rest gelangt mit dem Wind oder Flusswasser von Industrieanlagen und Müllhalden an Land in die Meere.
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