Gewässerschutz:Tausende deutsche Gewässer sind zu dreckig

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Vor allem durch Düngemittel und Abwässer wird die Wasserqualität beeinträchtigt. (Foto: Bauersachs Peter)
  • In mehr als 8000 deutschen Seen und Flüssen ist die Wasserqualität deutlich schlechter als eine EU-Richtlinie vorsieht.
  • Das liegt vor allem an Düngemitteln und Abwässern, die in den Wasserkreislauf gelangen.
  • Die Folgen tragen die Bürger, denn die Belastung führt zu Problemen bei der Trinkwasserversorgung.

Von Markus Balser

Die Vorschriften aus Brüssel sprechen eigentlich eine klare Sprache: Seit Ende 2015 sollen alle Gewässer in der EU in einem guten ökologischen Zustand sein. Die Realität, das machen nun neue Zahlen aus Deutschland klar, ist von diesem Ziel allerdings noch weit entfernt. Tausende Flüsse, Seen und Grundwassergebiete verstoßen der Bundesregierung zufolge hierzulande wegen überhöhter Nährstoffwerte gegen die Qualitätsvorgaben der EU. Die Folgen tragen die Bürger. Denn die hohe Belastung führt zu Problemen und Kosten bei der Trinkwasserversorgung der Deutschen. Kommunale Versorger machen immer häufiger auf das Problem aufmerksam. Sie sind verpflichtet, bestimmte Grenzwerte bei der Aufbereitung des Wassers einzuhalten.

Dies wird jedoch immer schwieriger. Die Vorschriften stehen in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Dass es um ihre Umsetzung schlecht bestellt ist, geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Peter Meiwald, Friedrich Ostendorff und Annalena Baerbock hervor. Bis Ende des vergangenen Jahres erfüllten demnach stattliche 82 Prozent der Gewässer die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht. Diese Angabe bezieht sich auf 9900 sogenannte Oberflächenwasserkörper wie Seen und Flüsse.

Düngemittel und Abwässer verunreinigen die Gewässer

Von Tausend sogenannten Grundwasserkörpern verstoßen laut Bundesumweltministerium immerhin 36 Prozent gegen die Vorgaben. Untersucht werden größere zusammenhängende Gewässersysteme wie Rhein, Donau oder Elbe aber auch zusammenhängende und abgrenzbare Grundwasserbereiche. Eine zentrale Rolle für die ökologische Gewässerqualität spielen Nährstoffe auf Stickstoff- oder Phosphatbasis, die durch Düngemittel oder Abwässer in den Wasserkreislauf gelangen.

Der Druck auf Deutschland war zuletzt gewachsen. Zum Jahresende lief die erste sechsjährige Umsetzungsperiode der EU-Wasserrahmenrichtlinie aus. Deutsche Behörden mussten deshalb in allen zehn großräumigen deutschen Fluss-Gewässersystemen Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen und baten um längere Fristen für das Erreichen der darin formulierten Qualitätsziele.

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Die Wasserrahmenrichtlinie sieht die Möglichkeit von Fristverlängerungen bis 2021 und 2027 vor. Diese muss man allerdings gut begründen können, sonst drohen Vertragsverletzungsverfahren. In wenigen Fällen seien auch weniger strenge Umweltziele festgelegt worden, gestand die Regierung. Dort jedenfalls, wo "gravierende Vorbelastungen" vorgelegen hätten, etwa durch jahrzehntelangen Bergbau.

Nord- und Ostseeküsten fast flächendeckend Nitrat-Problemzonen

Die Defizite sind in Deutschland seit längerem bekannt. Die EU-Kommission hatte darum schon im Herbst 2013 ein Verfahren gegen die Bundesrepublik angestrengt. Dabei geht es vor allem um Probleme, die durch Düngung in der Landwirtschaft entstehen. Besonders in den Viehhaltungszentren der Republik - in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und in Teilen Ostdeutschlands - gilt die Lage als problematisch. Hier steigen etwa die Nitrat-Werte. Eine hohe Belastung der deutschen Flüsse hat dazu geführt, dass inzwischen auch die deutschen Küsten der Nord- und Ostsee beinahe flächendeckend als Nitrat-Problemzonen gelten.

Der Sprecher der Grünen-Fraktion für Umweltpolitik, Peter Meiwald, forderte am Dienstag eine entschiedene Reaktion der Bundesregierung zur Senkung übermäßiger Nährstoffzuflüsse in Flüsse, Seen, Meere und Grundwasserspeicher. Der Handlungsbedarf sei "offensichtlich". Gewässerschutz sei "kein grünes Mauerblümchen-Thema", sondern elementar, um die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser zu vernünftigen Preisen zu gewährleisten. Die Bundesregierung beginne gerade erst, die starke Überdüngung in der Landwirtschaft als "offensichtliche Hauptursache" durch eine Neufassung der Düngeverordnung anzugehen.

Zwar hatte die Regierung im Dezember die Neufassung einer Düngeverordnung auf den Weg gebracht. Nun allerdings erklärte sie, dass auch diese die Probleme nicht lösen kann. Sie werde nicht "flächendeckend" sicherstellen, dass in sämtlichen Wasserkörpern der geforderte gute ökologische Zustand auch erreicht wird. Sie sei zwar ein "wichtiger Schritt zur Reduzierung der Nährstoffeinträge", ihr Geltungsbereich erfasse aber nicht alle relevanten Quellen für Stickstoff- und Phospateinträge. Die Grünen fordern deshalb einen neuen Vorstoß der Regierung. Die Bundesregierung müsse sich die Empfehlungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen zu eigen machen und eine nationale Stickstoffstrategie umsetzen, sagte Meiwald. Der Rat hatte die Bundesregierung im Dezember öffentlich aufgefordert, die Stickstoffeinträge in die Natur aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes deutlich zu vermindern.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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