Dabei ist Schnupfen offenbar auch eine Typfrage: In Tests reagierte etwa jeder Zehnte überhaupt nicht, wenn er auf den Jahrmarkt der Viren geriet. Und jeder Vierte infizierte sich zwar, entwickelte aber keinerlei Symptome.
Solche Zeitgenossen sind die ärgerlichsten: Sie fühlen sich prima und tragen die Erreger ungehemmt durch die Welt. Ihr Geheimnis ist bis heute nicht entschlüsselt. Ohnehin wissen Wissenschaftler kaum etwas darüber, wer zu welchem Zeitpunkt besonders anfällig für eine Erkältung ist.
Versuch in nassen Socken
Nicht einmal klar ist, ob eine "Erkältung" wirklich etwas mit "Kälte" zu tun hat. Gemeine Experimente dazu haben die Briten in Salisbury unter ihrem ersten Chef Sir Christopher Andrews bereits vor einem halben Jahrhundert ersonnen: Ihre Probanden mussten eine halbe Stunde lang klatschnass in einem zugigen Durchgang herumsitzen und nach dem Anziehen auch noch nasse Socken tragen, während andere Freiwillige es wohlig warm hatten.
Dann wurden ihnen Schnupfenviren in die Nase getropft. Doch die Nass-Bestrumpften wurden gar nicht häufiger krank als die anderen.
Die Kälte in Schutz nehmen will Alexander Kekulé trotzdem nicht. "Es sind nicht besonders viele Erhebungen zu diesem Thema gemacht worden", sagt der Virologe von der Universität Halle-Wittenberg. "Ich würde Kälte nicht als Grund für Schnupfen ausschließen."
Auffällig sei ja auch, dass man vor allem im Winter unter Erkältungen leide. Sollte man sich vielleicht besser auf sein Gefühl und die Ratschläge der Großmutter verlassen?
Immerhin: Manche Alltagsweisheit hat sich durchaus bestätigt. So scheinen regelmäßige Saunagänger weniger anfällig für die Viren-Attacken zu sein, womöglich, weil ihr Körper daran gewöhnt ist, seinen Wärmehaushalt zu regulieren.
Und wer sein Immunsystem schwächt, weil er zu viel Stress hat und zu wenig schläft, fängt sich leichter eine Erkältung ein als ausgeruhte Zeitgenossen.
Auch bei der Behandlung hat eher die Großmutter Recht. Denn was lässt sich schon tun gegen die lästigen Angreifer? Antibiotika helfen nur gegen Bakterien, aber nicht gegen Erkältungsviren.
Vitamin C? Wirkt bestenfalls, bevor man krank wird.
Aspirin? Kann das Fieber senken, aber australischen Forschern zufolge lässt es die Nase noch mehr triefen.
Echinacea? Taugt nichts, wie Studien zeigen.
Das In-Mittel Umckaloabo? Wirkung nie bewiesen.
Zink? Geschenkt.
Großmutters Hausmittel sind dagegen durchaus eine Hilfe: Ein Vollbad nehmen, inhalieren, warme und kalte Wickel, heiße Tees und all das, was man schon als Kind kannte.
Zwar sei die Wirksamkeit der meisten Hausmittel nicht bewiesen, folgert die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Aber sie trügen zum Wohlbefinden bei und seien billig.
"Im Grunde genommen", lautet das niederschmetternde Fazit des Schnupfenforschers David Hilding im Ear, Nose and Throat Journal, "hat es im vergangenen Jahrhundert wenig oder keinen Fortschritt bei der Behandlung von Erkältungskrankheiten gegeben."