Enge Verwandtschaft fördert gegenseitiges Verständnis nur selten. Das gilt auch für Affen und Menschen, zumindest bis jetzt: Schottische Wissenschaftler haben nun erstmals ein Wörterbuch für die Affensprache vorgelegt. Demnach tauschen Schimpansen durch Gesten Botschaften mit ihren Artgenossen aus und können zum Beispiel kundtun, wenn der andere mal seinen Hintern in Bewegung setzen soll ( Current Biology, online).
Am Kommunikationsvermögen des nächsten Menschenverwandten herrschte unter Forschern kein Zweifel. Nur die Art und Weise, auf die Schimpansen ihre Botschaften vermitteln, blieb rätselhaft. Viele Wissenschaftler konzentrierten sich auf die Laute der Tiere, weil auch die menschliche Sprache aus Lauten besteht. Doch bereits in den 1970er-Jahren hatte die Schimpansenforscherin Jane Goodall den Gebrauch von Gesten beschrieben. Zahlreiche Arbeiten haben seither gezeigt, dass viele dieser Gebärden eine Bedeutung haben und von den Affen absichtsvoll benutzt werden. Es gibt zudem Hinweise auf einen evolutionären Zusammenhang zwischen Affengestik und menschlicher Sprache. Nur was die Tiere sich mit Hand und Fußsohlen genau mitteilen, konnte niemand übersetzen.
Das sollte sich nun ändern. Zwei Jahre lang haben Catherine Hobaiter und Richard Byrne von der schottischen Universität St. Andrews Affengebärden im ugandischen Budongo-Urwald auf Video aufgezeichnet. Deren Analyse zeigte 66 Gesten und 19 Reaktionen von Schimpansen, an die sich diese Zeichen richteten. Viele Gesten scheinen mehrdeutig zu sein, mit situationsabhängigen Reaktionen: So bedeutet das auffällige Kratzen am Unterarm meist "Lause mich!", gelegentlich aber "Komm mit mir!". Präsentiert ein Affe einem anderen seine Fußsohlen, gilt das als Aufforderung, auf seinen Rücken zu klettern. Mit dem freigelegten Wortschatz werden zwar noch keine Mensch-Affen-Gespräche möglich. Doch wenn der Schimpanse beim nächsten Zoobesuch sehr direkt guckt und mit seinen Zähnen Streifen von einem Blatt zupft, ist das laut Studie eine Anmache: "Flirte mit mir!"