Geschichte - Teistungen:Gedenken und Freude: Thüringen feiert 30 Jahre Mauerfall

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Teistungen/Großburschla/Mödlareuth (dpa) - Mit Ausstellungen, Gottesdiensten, Zeitzeugenbegegnungen und Festen hat Thüringen am Wochenende die Öffnung der innerdeutschen Grenze vor 30 Jahren gefeiert. Zu einem Festakt des Grenzlandmuseums Eichsfeld in Teistungen kamen am Sonntag Thüringens Kultur- und Europastaatssekretärin Babette Winter und der niedersächsische Kultusminister Grant-Hendrik Tonne (SPD). Der Grenzübergang Teistungen zwischen dem thüringischen Worbis und dem niedersächsischen Duderstadt war im November 1989 der erste auf Thüringer Gebiet, der freigegeben wurde - um 00.35 Uhr am 10. November 1989.

Beim gemeinsamen Festakt von Thüringen und Hessen in Großburschla erinnerten die Ministerpräsidenten beider Länder, Bodo Ramelow (Linke) und Volker Bouffier (CDU), am Samstag an die Opfer der Grenze. Sie legten Kränze auf der Werrabrücke zwischen dem thüringischen Großburschla und dem hessischen Wanfried-Heldra nieder. Dort erinnert eine neue Gedenktafel an die zahlreichen Opfer, die bei Fluchtversuchen aus der DDR ihr Leben verloren. Großburschla litt besonders unter der deutschen Teilung. Der Ort ragte wie eine Landzunge nach Westdeutschland hinein. Entsprechend hoch waren die Sicherheitsvorkehrungen während der Teilung. Der Ort durfte damals nur von Einwohnern oder mit Sondergenehmigung betreten werden.

Die Regierungschefs betonten auch die enge Freundschaft zwischen beiden Bundesländern, die sich seit dem Mauerfall entwickelte. "Wir gehören zusammen", sagte Bouffier. Bereits Anfang Dezember 1989 hatte der hessische Landtag ein Hilfsprogramm beschlossen, über das fünf Jahre lang rund 250 Millionen D-Mark aus Hessen nach Thüringen flossen. Beispielsweise wurden Krankenhäuser mit medizinischer Ausrüstung unterstützt und bedrohte Bausubstanz in der Erfurter Altstadt gesichert. Hessen leistete auch Hilfe beim Aufbau rechtsstaatlicher Verwaltungs- und Justizstrukturen.

Ramelow mahnte, dass man auch an die Vorgeschichte der deutschen Teilung erinnern müsse. Er bezog sich auf die Novemberpogrome, bei denen die Nationalsozialisten Juden ermordeten. "Zum 9. November 1989, dem schönsten Tag, gehört auch der schlimmste Tag, der 9. November 1938" sagte Ramelow.

Nach dem Festakt stellten sich mehr als 1000 Menschen im Freien so zusammen, dass aus der Luft das Wort "Freiheit!" zu lesen war. Gefeiert wurde auch mit einem Hauch von Ostalgie: Der Gedenkmarsch ins hessische Wanfried-Heldra führte an einem Konsum-Imbiss mit Ostspezialitäten wie Bier und "Halloren Kugeln" vorbei. Vor dem Festzelt erwartete die Ministerpräsidenten ein Trabant. Viele DDR-Bürger waren sich in der Nacht des Mauerfalls und den Wochen danach in ihren Trabis in den Westen gefahren.

Im einst geteilten thüringisch-bayerischen Grenzdorf Mödlareuth durchbrach bei den Feierlichkeiten am Samstag ein Trabikorso noch einmal symbolisch eine eigens dafür aus Styropor errichtete Mauer. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sowie Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) hatten zuvor an den Mut der Revolutionäre in der DDR erinnert. Aus anfänglichen Bürgerinitiativen sei 1989 eine Volksbewegung geworden, die sich gegen die SED-Diktatur stellte und die die Mauer von Ost nach West buchstäblich eindrückte, sagte Herrmann in Mödlareuth.

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