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Geschichte - Großschweidnitz:Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus in Sachsen

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Dresden (dpa/sn) - In Sachsen ist am Donnerstag an verschiedenen Orten der Opfer des Nationalsozialismus gedacht worden. Ministerpräsident Michael Kretschmer mahnte am Gedenktag für die Opfer des Holocaust, die Erinnerung an die deutsche Geschichte wachzuhalten. Sie dürfe sich niemals wiederholen, sagte der CDU-Politiker bei einer Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Großschweidnitz in Ostsachsen.

Sozialministerin Petra Köpping wies darauf hin, dass antisemitische Verschwörungserzählungen in der Corona-Pandemie wieder stark verbreitet würden. Zudem würden immer wieder NS-Opfer mit Betroffenen der Corona-Maßnahmen gleichgesetzt. "Eine solche Relativierung des Holocaust ist geschmacklos, geschichtsvergessend und auf das Schärfste zu verurteilen", erklärte Köpping.

Die Linken im Landtag riefen die Staatsregierung auf, sicherzustellen, dass jede Schülerin und jeder Schüler in Sachsen eine KZ-Gedenkstätte besuchen könne. "Antifaschismus ist unser aller Verpflichtung", erklärte Fraktionschef Rico Gebhardt.

Der 27. Januar ist in Deutschland seit 1996 Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus und zugleich Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz 1945 - die Nazis hatten dort über eine Million Menschen ermordet, vor allem Juden.

Es sei eine Zeit der Entgrenzung gewesen, in der Werte und Moral ins Rutschen gekommen seien, sagte Regierungschef Kretschmer. "Ich finde, dass uns das auch in der heutigen Zeit, in der manches droht zu entgrenzen, immer wieder daran erinnert: Es gibt Dinge, die sind unverhandelbar. Menschenwürde ist unverhandelbar, Respekt, Achtung der Institutionen unseres Rechtsstaates, unserer Demokratie", sagte Kretschmer. "Wenn wir anfangen, damit Kompromisse zu machen, dann wird das in einer Katastrophe enden."

In Großschweidnitz befand sich während des Zweiten Weltkrieges die einzige größere Psychiatrie in Sachsen. Zwischen 1939 und 1945 starben dort nach Angaben der sächsischen Gedenkstättenstiftung mehr als 5000 Menschen an überdosierten Medikamenten. Sie galten als "lebensunwert".

Der Beauftragte für jüdisches Leben im Freistaat, Thomas Feist, hält Sachsen nicht für ein besonderes Problemland mit Blick auf Antisemitismus. Aber jeder Vorfall sei einer zu viel. Das dürfe nicht nur an Gedenktagen Thema sein, die Gesellschaft müsse sich generell mit dem jüdischen Leben beschäftigen. Das Interesse daran sei gewachsen. "Es gibt eine positive Entwicklung pro jüdisches Leben in Sachsen", sagte Feist.

Neben der Kranzniederlegung in Großschweidnitz waren am Donnerstag noch eine ganze Reihe weiterer Gedenkveranstaltungen geplant, unter anderem in Görlitz, Radebeul, Zwickau, Dresden, Torgau, Zittau und Hoyerswerda.

© dpa-infocom, dpa:220127-99-872659/4

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