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Geschichte - Berlin:Abgeordnetenhaus würdigt friedliche Revolution 1989

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Berlin (dpa/bb) - Überschattet von Parteienstreit hat das Berliner Abgeordnetenhaus die friedliche Revolution in der DDR und den Mauerfall am 9. November vor 30 Jahren gewürdigt. Viele Menschen in den damals gegründeten Bürgerbewegungen und die Demonstranten auf den Straßen hätten im Herbst 1989 der SED-Diktatur die Stirn geboten, großen Mut bewiesen und viel riskiert, heißt es in einer Resolution, die das Parlament am Donnerstag mit den Stimmen der rot-rot-grünen Koalition und der FDP beschloss. Sie hätten damit das Ende der Spaltung Berlins, Deutschlands und Europas eingeläutet.

"Die Botschaft von 1989 ist Demokratie, Selbstbestimmung, Freiheit und vor allem Gewaltlosigkeit in der politischen Auseinandersetzung", heißt es in der Resolution weiter. "Und genau dafür steht Berlin mit der übergroßen Mehrheit seiner Bürgerinnen und Bürger."

Ursprünglich wollten die vier Unterstützer-Fraktionen der Resolution auch die CDU mit ins Boot holen. Die fand es allerdings mit Blick auf die Opfer des SED-Regimes "unangemessen", einen gemeinsamen Beschluss zu dem Thema mit der Linken zu fällen. Daher stellte die CDU einen eigenen Antrag zur Abstimmung, ebenso die AfD. Beide wurden abgelehnt.

"Der 9. November war ein Tag der Freude", sagte Robbin Juhnke (CDU). Möglich hätten den Mauerfall die Menschen gemacht, die gegen das SED-Regime auf die Straße gegangen seien. "Ihnen gilt unser Dank und unsere Hochachtung." Dass die Hoffnung der Menschen auf Freiheit keine leere Versprechung geblieben sei, sei aber auch vielen Politikern zu verdanken, sagte Juhnke, Staatsmännern wie Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher.

Clara West von der SPD sagte, der 9. November sei ein sehr deutscher Gedenktag. Er stehe für die Novemberrevolution 1918, die Pogromnacht 1938, aber eben auch für den vielleicht glücklichsten Moment in der deutschen Geschichte, als sich 1989 Berliner aus beiden Teilen der Stadt in den Armen gelegen hätten. "Politik ist nicht nur Sache von Politikerinnen und Politikern", sagte West. Wenn jeder in der DDR gedacht hätte, dass die Veränderung nicht von ihm abhängig sei, dann hätte es sie nicht gegeben.

Andreas Otto (Grüne) wandte sich gegen die Vereinnahmung der Wende von rechts: "Was wir nicht brauchen ist, dass da Leute auf Plakate schreiben, wir machen jetzt die Wende 2.0", sagte Otto mit Blick auf die AfD. Wer sich zweimal um 180 Grad drehe, sei wieder am Ausgangspunkt und wolle vielleicht zurück in die Diktatur. "Das wollen wir nicht."

Der FDP-Abgeordnete Stefan Förster kritisierte den Antrag der Christdemokraten: Es wäre gut gewesen, mit einem Halbsatz auf die Blockparteien einzugehen, zu denen auch die CDU gehört habe, sagte Förster. Auch die CDU habe eine historische Verantwortung. "Werden Sie der gerecht", forderte er.

Martin Trefzer von der AfD erklärte, die DDR sei ein Staat gewesen, in dem es nicht möglich gewesen sei, grundlegenden Freiheitsrechte geltend zu machen, in dem die Justiz nicht unabhängig gewesen sei und in dem es keine freie Presse gegeben habe, aber politische Gefangene. "Wie sollte man diesen Staat anders bezeichnen denn als Unrechtsstaat?", fragte Trefzer. Er finde es befremdlich, dass die Regierungsparteien und die FDP-Fraktion das nicht klar aussprächen.

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger hatte zur Absage seiner Fraktion an eine gemeinsame Resolution schon am Dienstag erklärt, dass die Linke die Partei von Mauer und Stacheldraht sei. Linke und Grüne nannten das CDU-Vorgehen unverständlich und unangemessen. "Das wird dem 30-jährigen Jubiläum der friedlichen Revolution nicht gerecht", hatte Linke-Fraktionschef Udo Wolf erwidert.

In der kommenden Woche sind im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses zwei große Veranstaltungen anlässlich des Mauerfall-Jubiläums geplant. Am 4. November steht ein Podiumsgespräch auf dem Programm, das an die große Demonstration in Ost-Berlin an jenem Tag vor 30 Jahren erinnern soll. Am 8. November werden zur Feierstunde "30 Jahre Friedliche Revolution - Mauerfall" von Abgeordnetenhaus und Senat zahlreiche Gäste erwartet.

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