Süddeutsche Zeitung

Geologie:Versteckter Ausbruch des Supervulkans

  • Der italienische Supervulkan Campi Flegrei brach vor 40 000 Jahren und vor 15 000 Jahren aus.
  • Nun haben Forscher entdeckt, dass sich vor 29 000 Jahren offenbar ein weiterer Ausbruch ereignete.
  • Der Vulkan ist auch heute noch aktiv.

Von Clara Hellner

Still brodelt der italienische Supervulkan Campi Flegrei vor sich hin. Außer heißen Thermalquellen, kleinen Kratern und austretenden Gasen bekommt man die meiste Zeit von ihm nichts mit. Der Vulkan erstreckt sich unterirdisch über fast 150 Quadratkilometer zwischen Neapel und der Mittelmeerküste. Doch die Ruhe ist trügerisch. Ausbrüche des Supervulkans sind wahrscheinlich häufiger als bisher angenommen, berichten Forscher der Universität Oxford.

Zwischen dem stärksten Ausbruch vor 40 000 Jahren, bei dem der Vulkan Asche und Gestein bis nach Russland schleuderte, und einer zweiten, etwas schwächeren Eruption vor 15 000 Jahren herrschte weitgehend Ruhe, so die bisherige Annahme. Ein Team um den Archäologen Paul Albert hat nun jedoch entdeckt, dass der Vulkan in dieser Zeit keineswegs still war: Vor 29 000 Jahren ereignete sich demnach ein weiterer Ausbruch des Campi Flegrei.

Das als Masseria del Monte Tuff bezeichnete Ereignis konnte bisher keinem Vulkan zugeordnet werden. Die Forscher, die ihre Ergebnisse im Fachblatt Geology veröffentlichten, lösen damit gleichzeitig das Rätsel um eine Schicht aus vulkanischer Asche, genannt Y-3 Tephra, die damals über 150 000 Quadratkilometer des Mittelmeerraums bedeckte.

Seit den 1970er-Jahren wurde sie immer wieder in Meeressedimenten nachgewiesen, doch hinsichtlich ihrer Herkunft tappten Forscher im Dunkeln. Nun entdeckten die britischen Wissenschaftler bei Bohrungen in Neapel und in einer nahen Gesteinsformation vulkanisches Glas.

Bei der Abgleichung mit der Ascheschicht aus dem Mittelmeer stellte sich heraus: Alter und chemische Zusammensetzung der beiden Proben stimmen überein. Anhand der Verteilung von Y-3 Tephra und der Dicke der Schicht ließ sich außerdem errechnen, dass der Ausbruch mit einer Stärke von 6,6 ungefähr so heftig war wie der vor 15 000 Jahren. Die stärksten Vulkanausbrüche, die je gemessen wurden, lagen auf dieser Skala bei 8.

Der Supervulkan, der auch als "Phlegräische Felder" bezeichnet wird, ist auch heute noch aktiv. Seit einiger Zeit gibt es sogar Hinweise für ein neues Erwachen des Vulkans: Der an der Oberfläche gemessene Gasausstoß nimmt zu, und das Magma verändert sich ähnlich wie vor den letzten Eruptionen.

Immer wieder kommt es zu Erdbeben und Verformungen des Bodens. Den nun dem Vulkan zugeordneten Ausbruch sehen die Forscher als mögliches weiteres Indiz dafür, dass der Vulkan in kürzeren Abständen ausbricht als gedacht - und dass er das dementsprechend auch schneller als erwartet wieder tun könnte. Eine solche Eruption würde Millionen Menschen bedrohen: Campi Flegrei liegt in einer der am dichtesten bewohnten Regionen Europas.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4422853
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.