Süddeutsche Zeitung

Geologie:Das sind die seltensten Schätze der Erde

Von einigen Mineralen wie dem Ichnusait gibt es nur ein einziges Exemplar.

Von Marlene Weiß

Der kalifornische Mono Lake ist ein ungemütliches Gewässer - arsenhaltig, dreimal so salzig wie das Meer. Wenn zwischendurch auch noch der Phosphor-Gehalt unangenehm hoch wird, beginnen Bakterien, überschüssiges Phosphor auszuscheiden. Dabei, und weltweit nur an diesem Ort, entsteht ein transparenter Kristall, nach dem Mineralogen Robert Hazen Hazenit genannt. Eine Seltenheit? In der Welt der Minerale ist das noch gar nichts.

Der Hazenit-Namensgeber, ein Forscher an der Carnegie Institution in Washington, hat nun vorgeschlagen, etwas Ordnung in den Zoo der seltenen Minerale zu bringen (American Mineralogist). Wer in der Publikation blättert, erkennt schnell: Das ist auch dringend nötig. Rund die Hälfte der etwa 5000 bekannten Minerale wurde bislang weltweit an höchstens fünf Orten gefunden - da sind eine Menge Kuriositäten zu sortieren. Alburnit zum Beispiel wurde erst vor wenigen Jahren in Form winziger, glänzender Krümel in den rumänischen Bergen entdeckt. Oder Ichnusait: Ein einziges Exemplar tauchte 2013 auf Sardinien auf. Etwas gewöhnlicher, dafür aber hübsch ist das pinke Kobaltomenit, bekannt von vier Fundorten, dafür soll die gesamte weltweit bisher gefundene Menge in ein Schnapsglas passen. Diamanten sind dagegen Massenware.

Enger Zusammenhang mit der Entstehung von Leben

Hazen und sein Koautor Jesse Ausubel schlagen nun vor, die Exoten in vier Kategorien der Seltenheit zu sortieren. Manche, Hazenit zum Beispiel, entstehen nur unter exakt passenden Bedingungen von Druck, Temperatur und chemischer Umgebung. Andere enthalten Elemente oder Kombinationen von Elementen, die in der Erdkruste äußerst spärlich vorkommen. Kategorie drei ist Mineralen vorbehalten, die zerfallen, sobald sie mit Luft oder Wasser in Kontakt kommen. Die letzte Gruppe schließlich umfasst Minerale, die selten gefunden werden, weil sie schwer zu erkennen oder zu erreichen sind - das sind somit Exoten, die vielleicht doch nicht so selten sind.

Den Forschern geht es dabei nicht nur darum, ein Sammelalbum für Mineralogen zu erstellen, auch wenn sie die Vielfalt überaus faszinierend finden, so wie neu entdeckte Tierarten oder Sterne. Die seltenen Minerale könnten tatsächlich auch bei der Suche nach weiteren, noch unbekannten Mineralen helfen. Und neue Kristallstrukturen erschließen.

Vor allem aber sind Minerale eng mit der komplexen Geschichte des Lebens verbunden. "Seit der Entstehung der Erde sind immer neue Mineral-Arten hinzugekommen", sagt Kai-Uwe Hess, Mineraloge an der LMU München. "Als die ersten Lebewesen begannen, freien Sauerstoff zu produzieren, entstanden neue Eisenoxidminerale, zuerst im Ozean, später auf dem Festland." Und so ging es weiter: Viele Minerale seien nur deshalb entstanden, weil Lebewesen, Gestein und Atmosphäre sich gegenseitig beeinflussten. Fände man solche Minerale auf anderen Planeten im All, das schreiben auch Hazen und Ausubel, wäre das ein deutlicher Hinweis auf extraterrestrisches Leben.

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Quelle:
SZ vom 19.02.2016/chrb
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