Gentherapie:Mit Viren gegen HIV

Für die Forscher ist es "ein erster Machbarkeitsnachweis": Mit einer Gentherapie haben sie das Immunsystem von Aids-Patienten mobilisiert.

Hanno Charisius

38 Aids-Patienten haben einen gentherapeutischen Eingriff nicht nur gut überstanden, auch ihr Immunsystem hat sich ein wenig erholt, und die Zahl von Viren im Blut sank zeitweise.

Gentherapie: Aidsschleifen als Ohrringe und Anstecker. Eine kleine Studie zeigt, dass Gentherapie HIV-Infizierten vielleicht helfen könnte.

Aidsschleifen als Ohrringe und Anstecker. Eine kleine Studie zeigt, dass Gentherapie HIV-Infizierten vielleicht helfen könnte.

(Foto: Foto: AP)

"Es ist ein erster Machbarkeitsnachweis", dämpft Studienleiter Ronald Mitsuyasu von der University of California in Los Angeles voreilige Hoffnungen. Er hofft auf dieser Basis eine Therapie entwickeln zu können, die es ermöglicht, die Aidserreger zu kontrollieren, ohne dass die Patienten ständig Medikamente schlucken müssen.

Blutstammzellen der Probanden waren zuvor im Labor mit genetisch veränderten Viren behandelt worden. So bekamen die Blutzellen die Fähigkeit, ein Enzym zu bilden, das den Aids-Erreger HIV an der Vermehrung hindert. Die wehrhaften Zellen wurden den Patienten wieder injiziert.

Nach etwa einem Jahr begann die Menge der Immunschwäche-Viren im Blut der Probanden geringfügig zu sinken. Bei der Kontrollgruppe dagegen veränderte sich die Zahl der Viren im Blut nicht.

Nach ebenfalls einem Jahr begann auch die Zahl jener Immunzellen im Blut der Probanden zu steigen, die vom Aids-Erreger normalerweise zerstört werden, berichtete ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift Nature Medicine (online).

Der an der Studie beteiligte Christof von Kalle vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hofft, dass damit vielleicht einer neuen Therapieform "die Tür geöffnet" wurde. Nach seinem Kenntnisstand gab es bislang keine vergleichbar umfangreiche und statistisch abgesicherte Gentherapie-Studie bei HIV-Patienten.

Überrascht waren die Forscher allerdings darüber, dass sie so lange auf einen Effekt warten mussten. Sie hatten die Studie ursprünglich so angelegt, dass nach 48 Wochen die Zell- und Viruszahlen beurteilt werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich im Blut allerdings noch nichts getan.

Die gentechnisch gegen HIV immunisierten Blutzellen brauchen offenbar länger, um sich zu vermehren. "Wir hatten uns einen größeren Effekt erhofft", sagt von Kalle. So aber sind die Forscher vorerst zufrieden, dass ihre Patienten die Therapieversuche gut vertragen haben - das kann man längst nicht von allen Gentherapie-Experimenten sagen.

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