Genmais in den USA:Ernten, was andere säen

Der Anbau von Genmais in den USA nutzt nicht nur den Farmern, die selbst auf transgene Pflanzen setzen. Mehr noch profitieren jene Bauern, die ganz normalen Mais aussäen.

Markus C. Schulte von Drach

Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft ist umstritten. Während Befürworter der sogenannten transgenen Pflanzen auf geringere Ernteausfälle durch Schädlinge hinweisen - in den USA kosteten sie die Farmer früher jährlich etwa eine Milliarde Dollar -, sorgen sich Gegner, dass von ihnen nicht kalkulierbare Risiken für die Umwelt ausgehen.

Maisfeld Maiszünsler

Raupen des Maiszünslers haben dieses Maisfeld zerstört.

(Foto: Science/AAAS)

US-Wissenschaftler berichten jetzt von einer überraschenden Entdeckung in den US-Bundesstaaten Illinois, Minnesota, Wisconsin, Iowa und Nebraska - einer Entdeckung, die die Befürworter und Hersteller transgener Pflanzen freuen wird: Farmer, die keinen Bt-Mais angepflanzt haben, profitieren vom flächendeckenden Anbau der transgenen Pflanzen durch ihre Nachbarn stärker als diese selbst. Bt-Pflanzen sind vor dem Maiszünsler geschützt, einer extrem schädlichen Schmetterlingsart.

In den vergangenen 14 Jahren - der kommerzielle Anbau findet seit 1996 statt - verzeichneten die Mais-Farmer in Illinois, Minnesota und Wisconsin aufgrund der transgenen Pflanzen einen Gewinn von insgesamt 3,2 Milliarden Dollar. Davon strichen allerdings 2,4 Milliarden Dollar (75 Prozent) jene Farmer ein, die gar keinen Bt-Mais gesät hatten.

In Iowa und Nebraska betrug der Gewinn dank der Bt-Pflanzen bei insgesamt 3,6 Milliarden Dollar. Davon hatten die Farmer, die nur natürliches Saatgut ausgebracht hatten, 1,9 Milliarden (53 Prozent) erwirtschaftet. Für alle fünf Bundesstaaten zusammen lag der Gewinn in diesem Zeitraum für die Bauern mit normalem Mais mit 4,3 Milliarden Dollar bei 62 Prozent des Gesamtgewinns (6,9 Milliarden Dollar).

Das auf den ersten Blick paradox wirkende Ergebnis, das die Forscher etlicher Universitäten und Institute im Fachmagazin Science vorgestellt haben, lässt sich relativ einfach erklären. Der Maiszünsler, der 1917 von Europa aus in die USA eingeschleppt wurde und sich rasch verbreitete, legt seine Eier sowohl auf normalen als auch auf transgenen Mais-Pflanzen ab. Da die Raupen auf dem Bt-Mais sterben, schrumpft die Population der Schädlinge. Und das wirkt sich auch auf benachbarten Maisfeldern ohne transgene Pflanzen aus. Um 27 bis 73 Prozent sind die Maiszünsler-Populationen dort zurückgegangen. Fachleute sprechen hier vom sogenannten Halo- oder Übertragungseffekt.

Also profitierten auch die Farmer, die selbst kein Saatgut für Bt-Mais gekauft hatten, von den transgenen Pflanzen - und zwar doppelt. Sie haben weniger Ernteausfälle und sie sparen sich die Kosten für das Bt-Saatgut, die bei zehn bis 20 Dollar pro Hektar Anbaufläche liegen.

Um die Entwicklung einer Resistenz der Schadinsekten gegen das in den transgenen Pflanzen enthaltene Gift des Bakteriums Bacillus thuringensis zu verhindern oder zu verlangsamen, müssen in der Umgebung von Feldern mit transgenen Pflanzen immer auch nicht manipulierte Pflanzen angebaut werden. Solche "Zufluchten" für die Schädlinge sorgen dafür, dass einzelne Schmetterlinge, die tatsächlich eine Resistenz entwickeln haben, sich nicht ungebremst auf allen Maisfeldern fortpflanzen können, sondern mit normalen Maiszünslern konkurrieren, die von normalen Maispflanzen stammen, und ihre Eier zum großen Teil wieder auf den für sie tödlichen Bt-Pflanzen ablegen werden.

Die Populationen der Schädlinge verschwinden somit nicht vollständig, doch dieser Nachteil für die Landwirtschaft soll durch eine gebremste Entwicklung von Resistenzen aufgehoben werden.

Ob auch Farmer vom transgenen Mais profitieren, die andere vom Maiszünsler bevorzugte Pflanzen anbauen, haben die Wissenschaftler nicht untersucht. Das ist jedoch denkbar. "Außerdem hat diese Bekämpfung des Maiszünslers wahrscheinlich weitere Vorteile für die Umwelt, wie einen geringeren Insektizid-Einsatz", vermutet William Hutchinson von der University of Minnesota in St. Paul.

Gerade weil die transgenen Pflanzen offenbar eine so positive Wirkung haben, müsste weiterhin auch normaler Mais angebaut werden, um die Entstehung von Resistenzen zu verhindern, empfehlen die Wissenschaftler.

Kritiker des Einsatzes gentechnisch veränderter Organismen in der Landwirtschaft wird die Studie nicht beeindrucken. Die Gesundheitsrisiken durch den Verzehr von Genpflanzen sind ihrer Meinung nach noch immer nicht vollständig geklärt. Auch ist unklar, was passiert, wenn sich transgene mit anderen Pflanzen kreuzen und sich die eingebauten Gene - im Falle des Bt-Mais' solche, die zur Produktion eines Giftstoffes führen - in der Umwelt ausbreiten. Und was auf diese Weise einmal auf die Natur losgelassen wurde, lässt sich kaum noch kontrollieren.

Auch dürften sie sich fragen, welchen Beitrag der Experte von Syngenta Seeds Inc., einem Hersteller von Bt-Mais-Saatgut, und die Fachleute zweier US-Lebensmittelhersteller zu der Studie geleistet haben.

In Europa etwa ist der Anbau von sogenanntem Bt-Mais zugelassen. In den USA wachsen transgene Pflanzen inzwischen schon auf mehr als 63 Prozent der Maisfelder. In Deutschland und Frankreich dagegen verhindern nationale Verbote das Ausbringen von entsprechendem Saatgut.

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