Die Präriewühlmaus-Männchen ließen sich im wahrsten Sinne des Wortes hängen: Befestigte man sie mit dem Schwanz an einem Stab, zeigten sie nicht die sonst üblichen Zappel- und Strampelbewegungen, sondern regten sich kein bisschen. Als Gegentest verabreichte Bosch den liebeskranken Mäusen Antidepressiva - und gleich ging es ihnen besser.
Bosch und sein Team entdeckten, dass der Liebeskummer der Präriewühlmäuse durch den Botenstoff CRH (Corticotropin-Releasing-Hormone) ausgelöst wird. Er ist in jenen Hirnregionen aktiv, die mit Emotionen und Stressverarbeitung zu tun haben. Jede Maus, die eine Partnerschaft eingegangen war, hatte erhöhte Werte, aber nur bei längerer Trennung bildeten sich Symptome aus.
Bosch nimmt an, dass die Männchen abends wieder ins Nest zurückkehren, um die unangenehmen Zustände zu vermeiden. "Mit dem Eingehen einer Bindung zu einem Partner haben sie eine Art geladene Kanone vor sich", sagt der Neurobiologe. "Das System wird im Gehirn angelegt, und wenn es zu einer Trennung kommt, wird die Kanone abgefeuert."
Wie diese Kanone beim Menschen funktioniert, das untersuchen die Anthropologin Helen Fisher an der Rutgers University und Lucy Brown, Neurowissenschaftlerin am Albert Einstein College of Medicine in New York. Sie ließen College-Studenten Fotos ihrer Verflossenen betrachten und legten ausreichend Taschentücher in Reichweite.
Der im Hintergrund arbeitende Kernspintomograph zeichnete in den Gehirnen der jungen Menschen eindeutige Aktivitäten auf: Es arbeiteten vor allem die Areale, die für Motivation zuständig sind, aber auch das nach Erfüllung strebende Dopaminsystem sowie die Inselrinde und der Cortex cingularis anterior (ACC), der bei physischem Schmerz und Stress eine Rolle spielt.
"Liebe wirkt nicht wie ein bestimmtes Gefühl, sondern eher wie eine Droge", erklärt Brown die Ergebnisse, "und entsprechend zeigten unsere Probanden mit Liebeskummer ähnliche Aktivitätsmuster wie beim Drogenentzug." Liebe macht süchtig - und Liebesentzug macht krank.
Die Aktivität im für Schmerz und sozialen Stress zuständigen ACC beschäftigt auch Naomi Eisenberger und ihre Kollegen am Psychologischen Institut der Universität in Los Angeles. In ihren Studien lässt sie Probanden glauben, sie spielten ein Computer-Ballspiel mit anderen. Plötzlich spielen diese ihnen den Ball nicht mehr zu, die Studienteilnehmer werden ausgeschlossen. Schon in diesem Fall eher sanfter Ausgrenzung zeigten die Teilnehmer starke Aktivität im ACC und im rechten Frontallappen. Beide waren bisher vor allem dafür bekannt, bei körperlichen Schmerzen regulierend einzugreifen.
"Unsere Studien weisen darauf hin, dass sozialer Schmerz vom Gehirn ähnlich wie physischer Schmerz wahrgenommen wird", sagt Eisenberger. Das eröffne neue Perspektiven darauf, warum es geradezu körperlich schmerzt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Im Prinzip geht es Menschen nicht anders als den Präriewühlmäusen, so die Schlussfolgerung der Forscherin: Sie sollten bei ihrer Gruppe bleiben.