Gefahr für die Erde?:Der unberechenbare Asteroid

Schlägt der Asteroid "Apophis" im Jahre 2036 auf der Erde ein? Bei der US-Raumfahrtbehörde hält man dies für unwahrscheinlich. Doch selbst Nasa-Forscher sind sich nicht ganz sicher.

Christopher Schrader

Am Nachmittag des 13. April 2029 hat Jon Giorgini bereits einen festen Termin. Der Asterioden-Forscher vom Jet Propulsion Lab der Nasa im kalifornischen Pasadena wird genau verfolgen, wie der Asteroid "Apophis" nördlich von Brasilien über dem Atlantik an der Erde vorbeirast.

Gefahr für die Erde?: Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Asteroid "Apophis" 2036 nicht auf der Erde einschlägt. Absolut sicher sind sie nicht. (Das Bild zeigt einen anderen Asteroiden.)

Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Asteroid "Apophis" 2036 nicht auf der Erde einschlägt. Absolut sicher sind sie nicht. (Das Bild zeigt einen anderen Asteroiden.)

(Foto: Fotokollage: Nasa/sueddeutsche.de)

Der Felsbrocken aus dem All mit 270 Metern Durchmesser wird die Erde im Abstand von 30.000 bis 33.000 Kilometern passieren - und womöglich wird die Menschheit erst in diesem Moment erfahren, ob "Apophis" sieben Jahre später, wieder am 13. April, auf der Erde einschlagen wird. Es könnte nämlich sein, dass der Asteroid beim ersten Vorbeiflug auf eine für die Erde fatale Flugbahn gerät.

Die Nasa beziffert die Wahrscheinlichkeit für einen Crash im Jahr 2036 mit 1:45.000, doch Giorgini weist nun auf Unsicherheiten dieser Berechnung hin. Auf einem Kongress in Baltimore wollte er am Donnerstag über den Einfluss des Sonnenlichts und der Schwerkraft der Erde sprechen.

Beides könnte den Asteroiden auf seiner Bahn bremsen oder beschleunigen. "Die bisher benutzten Näherungen sind so groß, dass sie den Unterschied zwischen Einschlag und einem weiten Verfehlen der Erde überdecken", heißt es im Vortrag. "Man kann die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags nicht bestimmen, weil sie von Eigenschaften abhängt, die wir nicht kennen", sagte Giorgini dem britischen New Scientist.

Weil alle Himmelskörper helle und dunkle Stellen haben, absorbieren und reflektieren sie Sonnenstrahlen unterschiedlich. Über die Jahre kann die daraus resultierende, kleine Kraft die Bahn eines Asteroiden beeinflussen, hat Giorgini mit Kollegen berechnet.

Bis zum Jahr 2029 könnte sich die Position des Asteroiden um 20 bis 740 Kilometer verschieben. Dann würde der Vorbeiflug an der Erde die Unsicherheit vervielfachen: Bis 2036 könnte die bisherige Bahnberechnung wegen der Strahlung um 30 Millionen Kilometer falsch sein. Ähnlich, wenn auch schwächer, wirken Verzerrungen der Schwerkraft der Erde, die auftreten, weil der Planet keine perfekte Kugel ist.

Um diese Unsicherheiten zu reduzieren, muss "Apophis" im Jahr 2013 mit dem Radioteleskop bei Arecibo auf Puerto Rico per Radar vermessen werden. Hier könnten einige der unbekannten Eigenschaften geklärt werden.

Es droht ein Verzicht auf lebenswichtige Informationen

"Wahrscheinlich wird dann schon klar werden, dass der Asteroid 2036 weit an der Erde vorbeifliegt", so Giorgini. Aber sollten diese Messung und eine weitere 2021 nicht stattfinden, wüsste die Menschheit wohl erst 2029 genau, ob es sieben Jahre später knallen wird.

So absurd die Vorstellung klingt, die Menschheit könnte auf lebenswichtige Informationen verzichten: Ausgeschlossen ist es nicht.

Die amerikanische National Science Foundation hat im vergangenen Jahr nicht nur das Budget für Arecibo um ein Viertel gekürzt, sie erwägt auch, das Teleskop vor 2013 zu schließen.

Dann müssten die Erkenntnisse über "Apophis" mit einem teuren Weltraumflug beschafft werden. Im amerikanischen Kongress hat das Repräsentantenhaus bereits ein Gesetz verabschiedet, wonach die Weltraumbehörde eine solche Mission in Erwägung ziehen soll.

Jon Giorgini hat schon ausgerechnet, wie man den Asteroiden ablenken könnte. Dazu könnte die Menschheit den selben Effekt nutzen, der zurzeit die Bahnberechnungen so unsicher macht: die ungleichmäßige Aufnahme von Licht. Würde im Jahr 2018 ein Raumschiff eine Plane von 40 mal 40 Metern auf dem Felsbrocken anbringen, die die Reflektion steigert, ließe sich "Apophis" wahrscheinlich ablenken.

Ganz sicher könnte die Menschheit sein, wenn sie eine 30-mal so große Plane zu dem Asteroiden schickt. Eine weitere Chance gebe es 2027. Nur bis 2029 dürfe man nicht warten. Danach ließe sich "Apophis" nicht mehr ausreichend ablenken, um eine Kollision zu verhindern.

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